Die meisten von ihnen hätten Verletzungen durch nicht scharfe Munition sowie Prellungen, Knochenbrüche und Schnittwunden erlitten. Augenzeugen berichteten, die Polizei habe in der Stadt Tränengas und Gummigeschosse gegen die Demonstranten eingesetzt, die Arbeit und Wirtschaftsprogramme verlangten.
Ein Korrespondent des Nachrichtensenders France 24 wurde nach eigenen Angaben ebenso wie ein tunesischer Kollege durch Schüsse von Polizisten verletzt. Einige Demonstranten erlitten Verletzungen an den Augen und mussten in eine Spezialklinik in der Hauptstadt Tunis gebracht werden.
Rettungskräfte hatten Probleme, die grosse Zahl der Verletzten zu versorgen. Angehörige von Opfern machten ihrer Wut Luft: «Wir werden die Stadt abbrennen», rief der Vater eines Verletzten. Das tunesische Innenministerium wollte sich zu den Protesten, die am Dienstag begonnen hatten, nicht äussern und nannte auch keine Opferzahl.
Ein Politiker der Republikanischen Partei in Siliana sagte, die Nationalgarde habe Panzer eingesetzt, um die Ordnung wiederherzustellen. Demonstranten hätten die Zugangswege zur Stadt blockiert und Autoreifen angezündet, berichtete das staatliche Fernsehen.
Weltbank gewährt Millionenkredit
Die Proteste richten sich unter anderem gegen schlechte Lebensbedingungen in der Provinzstadt. Die Demonstranten verlangen den Rücktritt des Gouverneurs, die Freilassung von Gefangenen, die seit April 2011 in Haft sind, sowie Wirtschafts- und Sozialhilfe für die abgelegene Stadt.
Das Land, in dem vor fast zwei Jahren die arabische Revolution ihren Ausgang nahm, wird derzeit von einer gewählten, von Islamisten dominierten Regierung geführt. Diese bemüht sich, die Wirtschaft Tunesiens nach dem drastischen Rückgang des Handels mit der Euro-Zone wiederzubeleben.
Am Dienstagabend hatte die Weltbank Tunesien einen Kredit von 500 Millionen Dollar zur Unterstützung seiner Wirtschaftsreformen gewährt. Der Schritt «sende ein klares Signal» im Bemühen, den Übergang zur Demokratie in dem nordafrikanischen Land zu fördern, teilte die Weltbank mit.
Konkret sollen die Hilfsgelder unter anderem in den Bürokratieabbau, eine verbesserte Regulierung des Finanzsektors sowie Ausbildungsprogramme für Jugendliche fliessen, welche von der hohen Arbeitslosigkeit im Land besonders betroffen sind.