Er kritisierte ausserdem die Programmpolitik der Euro-Partner in seinem Land: «Ich kann Ihnen versichern, dass sich das griechische Volk bemüht hat, sich den Anforderungen anzupassen, aber jetzt sind wir am Ende der Belastbarkeit angelangt.» Nirgendwo seien die Sparprogramme so lang und streng gewesen wie in Griechenland.
«Ich denke es ist keine Übertreibung, wenn ich sage, dass mein Heimatland zum Versuchslabor für die Sparpolitik in letzten fünfeinhalb Jahren geworden ist», sagte er am Mittwoch in Strassburg.
Die notwendigen Reformen müssten in seinem Land zwar durchgeführt werden, sie seien in den vergangenen Jahren aber nicht gerecht über die Gesellschaft verteilt gewesen.
Reformvorschläge in zwei bis drei Tagen
Tsipras räumte zugleich ein, dass viele Probleme hausgemacht seien. Griechenland befinde sich in der Krise, weil in seinem Land Korruption, Vetternwirtschaft und Klientelismus geherrscht habe. «Wir sind fest entschlossen, keine Konfrontation mit Europa zu betreiben, sondern mit dem Establishment in unserem Land.»
In den nächsten zwei bis drei Tagen will Athen laut Tsipras Reformvorschläge präsentieren. Ziel der Vereinbarungen müsse aber sein, die Staatsschulden tragfähig zu machen, sagte der Grieche. Um weitere Milliardenhilfen der Euro-Partnerstaaten zu erhalten, fordern diese von Griechenland konkrete Spar- und Reformvorschläge.
EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte vor den EU-Abgeordneten vor einem drohenden Staatsbankrott und einer Insolvenz des Bankensystems in Griechenland. Um dieses Szenario zu verhindern, müssten sich die EU-Staaten rasch einigen, sagte er. «Ich rufe alle Verantwortlichen auf, einen Konsens zu finden.»
Tusk hatte am Sondertreffen der Euro-Staats- und Regierungschefs am gestrigen Dienstag einen Sondergipfel aller 28 EU-Staaten für kommenden Sonntag einberufen.
Athen dementiert Ausgabe von Schuldscheinen
In Athen dementierte das griechische Finanzministerium Berichte, die Regierung treffe Vorbereitungen für die Einführung von Schuldscheinen, welche die Vorstufe zu einer neuen Währung sein könnten. Dies hatte die konservative Athener Zeitung «Kathimerini» berichtet.
Damit sollen dem Zeitungsbericht zufolge die Löhne der Staatsbediensteten und die Renten Ende des Monats bezahlt werden.
«Wir haben heute eine Mitteilung an den ESM vorgelegt» /


Das Ministerium erklärte dazu, der Bericht sei unwahr. «Solche Berichte wenden sich gegen das Land», hiess es weiter.
Die griechische Regierung will hingegen am heutigen Mittwoch über eine mögliche schrittweise Öffnung der Banken entscheiden. Dies hatte der stellvertretende Finanzminister, Dimitris Mardas, am Dienstag im Staatssender ERT angekündigt. «Das Ziel ist, schrittweise alle Banken wieder zu öffnen, so dass die Lage sich normalisiert.»
Einen Zeitplan dafür nannte er nicht. Das Vorgehen sei abhängig von Vorschlägen der griechischen Zentralbank, der griechischen Bankenunion und den «Marktkonditionen».
Banken über eine Woche geschlossen
Der Minister für den öffentlichen Dienst, Giorgos Katrougalos, sagte derweil in einem Interview mit dem Radiosender 9.84, dass eine Öffnung der griechischen Banken in dieser Woche «zweifellos technisch nicht machbar» sei. Um die Probleme zu beheben, müsse Griechenland eine Einigung mit seinen internationalen Gläubigern erzielen. Eine «Wirtschaft ohne Banken kann nicht funktionieren», warnte Katrougalos.
In Griechenland gelten seit Montag vergangener Woche Kapitalverkehrskontrollen, alle Banken sind grundsätzlich geschlossen und die Griechen dürfen täglich nur 60 Euro abheben.
Ende Juni war das zweite Hilfsprogramm für Griechenland ausgelaufen, nachdem sich Athen mit den internationalen Geldgebern nicht auf Spar- und Reformvorgaben einigen konnte. Bei einem Referendum am Sonntag sprachen sich in Griechenland dann mehr als 61 Prozent der Teilnehmer gegen die bisherigen Gläubigervorschläge aus.