Mehrere Delegationen im Wiener Palais Coburg rieten den wartenden Journalisten, die Nacht über vor Ort zu bleiben. Ein weiterer Hinweis auf eine bevorstehende Einigung war die Aufforderung des iranischen Innenministeriums an Behörden im Lande, sich auf Freudenfeiern vorzubereiten. Eine iranische Nachrichtenagentur kündigte in der Nacht bereits eine Erklärung in wenigen Stunden an.
Sprecherinnen warnen vor Gerüchten
Die Sprecherin des US-Aussenministeriums, Marie Harf, sowie EU-Sprecherin Catherine Ray, traten indes Spekulationen entgegen: Es gebe «alle möglichen unbegründeten Gerüchte über den Zeitplan», schrieben sie in identischen Mitteilungen beim Online-Dienst Twitter.
Ein Sprecher der US-Regierung hatte am Montag in Washington erklärt, bei den Gesprächen in Wien seien «echte Fortschritte» gemacht worden. Es seien aber noch «einige Streitfragen» ungelöst. Allerdings würden die «schwierigsten Themen» auch ganz am Ende behandelt.
Der chinesische Aussenminister Wang Yi sagte nach seinem Eintreffen in Wien vor Journalisten, es solle «keine Verzögerungen mehr» geben. Keine Einigung sei «perfekt», aber es gebe bereits die «Voraussetzungen für eine gute Vereinbarung». Sein russischer Kollege Sergej Lawrow verliess den Verhandlungsort gegen 01.35 Uhr und sagte den wartenden Journalisten, er gehe ins Bett.
Treffen ohne Iran
In der Nacht gab es in Wien noch einmal mehrere Verhandlungsrunden in unterschiedlicher Besetzung.
Der Atomstreit mit dem Iran steht offenbar kurz vor dem Ende. /


Unter anderem kam die 5+1-Gruppe zu einem nächtlichen Koordinierungstreffen zusammen.
Der Iran habe an diesem Treffen nicht teilgenommen, sagte ein ungenannter US-Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters. Es soll um letzte Formulierungen im voraussichtlich 100-seitigen Abkommen gehen, sagte ein Diplomat derweil der Nachrichtenagentur dpa.
Sollte die Einigung tatsächlich gelingen, soll das Abkommen dem Vernehmen nach auf dem UNO-Gelände in Wien besiegelt werden. Abschliessend würde es eine Pressekonferenz geben.
Einigung nach 13 Jahren
Die jüngste Runde der Atomverhandlungen der 5+1-Gruppe (USA, Russland, China, Grossbritannien, Frankreich und Deutschland) mit dem Iran hatte vor mehr als zwei Wochen begonnen. Als strittig galten zuletzt insbesondere Fragen rund um die Aufhebung der Sanktionen und des UNO-Waffenembargos gegen den Iran.
Ziel ist ein Abkommen, das dem Iran die zivile Nutzung der Atomtechnologie erlaubt, aber die Entwicklung von Atomwaffen verhindert. Die Gespräche im Palais Coburg waren wiederholt verlängert worden. Auch das jüngste gemeinsame Zieldatum - der Montag - hatte wieder nicht gehalten werden können.
Diplomaten verhandeln seit mehr als zwei Wochen in Wien mit dem Iran über die Aufhebung von Sanktionen im Gegenzug für eine Beschränkung des iranischen Atomprogramms. Eine Einigung würde den seit 13 Jahren schwelenden Atomstreit beenden.