Im Grunde geht es darum, dass vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs 1973 ein Gesetz erlassen worden war, wonach stets die Genehmigung des Kongresses eingeholt werden muss, wenn US-Truppen in einen bewaffneten Konflikt geführt werden.
Laut der War Powers Resolution hat der Präsident 60 Tage lang Zeit, um die Zustimmung des Kongresses einzuholen. Im Falle Libyens ist inzwischen fast doppelt so viel Zeit verstrichen, seit Obamas Regierung grünes Licht für die ersten Luftschläge gegeben hat.
Schon lange vor Ablauf der 60-Tage-Frist bat Obama den Kongress um die Zustimmung für den Militäreinsatz, erhielt sie jedoch nie: Weder billigten die Abgeordneten die Mission noch sprachen sie sich offen dagegen aus.
Keine Kampfhandlungen
Die NATO übernahm schliesslich das Kommando über die Mission und die Rolle der USA im Libyenkonflikt wurde kleiner. Nach Einschätzung des Präsidenten war kein Parlamentsbeschluss notwendig, da das Engagement der USA sehr gering und daher nicht als Kampfhandlung anzusehen sei.
«Wir haben keine Bodentruppen eingesetzt», so Obama in einem Interview. «Kein einziger US-Soldat ist bisher ums Leben gekommen.»
Die Republikaner überzeugt das wenig. «Nach dieser Logik könnten wir auch eine Atombombe auf Tripolis werfen und wären dennoch nicht in den Krieg verwickelt», hält der republikanische Senator Bob Corker dagegen.
Auch einigen Demokraten bereitet der Militäreinsatz in dem nordafrikanischen Land Sorgen.
Kongressmitglieder sind geteilter Meinung
Die Kriege in Afghanistan und Irak dauern an und die Kongressmitglieder sind geteilter Meinung, ob sich die USA auch noch in den Libyenkonflikt einschalten sollte.
Senator Bob Corker ist gegen den Libyen-Einsatz. /


Sie wissen nicht, was sie tun sollen. In der letzten Woche wurden im Repräsentantenhaus zwei Abstimmungen zum Thema Libyen in Betracht gezogen. In der einen ging es um einen Antrag auf Rückzug aus dem Land, in der anderen um die Verlängerung des Einsatzes.
Beide Abstimmungen wurden schliesslich abgesagt; die US-Politik bleibt unverändert.
«Wenn das Repräsentantenhaus zu einem Ergebnis wie diesem kommt, versteht man, wieso die Oberbefehlshaber bei Angelegenheiten der Staatssicherheit den Kongress üblicherweise aussen vor lassen», sagte der demokratische Senator Dick Durbin. Verglichen mit Libyen sind die Probleme des Präsidenten in Afghanistan und im Irak wesentlich gravierender: In beiden Ländern sind US-Bodentruppen stationiert, die Obama Schritt für Schritt abziehen will.
Doch Libyen zeigt eine besonders seltsame Ironie der Geschichte: Der Mann, der einst dafür ausgezeichnet wurde, das Verständnis und den Dialog zu fördern, liegt heute im Clinch mit seinen eigenen Abgeordneten wegen einer Angelegenheit über Krieg und Frieden.
Jonathan Mann - POLITICAL MANN
Dieser Text stammt von Jonathan Mann, Moderator und Journalist bei CNN International. Er moderiert das wöchentliche Politmagazin «Political Mann» auf CNN International. Der Text steht in der Schweiz exklusiv für news.ch zur Verfügung.