«Wir steuern wohl auf eine Wahl zu, bei der beide Kandidaten, Präsident Barack Obama und Mitt Romney, erhebliche Schwierigkeiten mit grossen Teilen der Wahlbevölkerung haben», sagte der ehemalige Sprecher des Weissen Hauses, Ari Fleischer. «Beide sind schwache Kandidaten.»
Romney zumindest ist stärker als noch vor ein paar Tagen, da nicht länger Zweifel bestehen, ob er am Ende der Präsidentschaftskandidat der Republikaner sein wird oder nicht. Trotz seines finanziell gut aufgestellten und perfekt organisierten Wahlkampfs hatte eine grosse und stetig wechselnde Schar von Konkurrenten immer wieder verhindert, dass Romney die Nominierung durch seine Partei in trockene Tücher bringen konnte.
Doch der letzte Kandidat, der überhaupt noch eine Chance gegen ihn gehabt hätte, der ehemalige Senator Rick Santorum, zog Anfang der Woche seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen zurück.
Romney weiss nun, dass die Delegierten ihn auf dem Parteitag im August zu ihrem Präsidentschaftskandidaten wählen werden und kann sich vollends auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren. Die besteht nämlich darin, zum Präsidenten gewählt zu werden, wenn die Bürger im November an die Urnen gehen.
Enttäuschung Romney
Denn trotz der nun gesicherten Nominierung hat Romney mit etlichen Wählergruppen seiner eigenen Partei erhebliche Probleme. Die evangelikalen Christen fragen sich, warum er nicht schon immer gegen Abtreibungen eingetreten ist. Konservative, die für einen schlanken Staat plädieren, fragen sich, warum die Gesundheitsreform aus seinen Zeiten als Gouverneur von Massachusetts der Reform des Gesundheitswesens unter Barack Obama so stark ähnelt. Und während viele namhafte Persönlichkeiten der Wall Street seine Kandidatur unterstützten, sah das bei den Konservativen der Arbeiterklasse gänzlich anders aus.
Für die Demokraten lag von Anfang an auf der Hand, dass Präsident Barack Obamas für eine erneute Amtszeit kandidieren würde und so hatte er keinerlei Vorwahlkämpfe zu überstehen.
Obama (50) will bei der Wahl am 6. November für eine zweite und letzte Legislaturperiode bestätigt werden. /


Doch auch seine Anhänger mussten im Laufe der Zeit ein paar herbe Enttäuschungen einstecken.
Enttäuschung Obama
Die US-Wirtschaft schwächelt nach wie vor und die Schaffung neuer Arbeitsplätze kommt nur schleppend voran. Obamas Gesundheitsreform stösst bei weiten Teilen der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe. Und von seinen zahlreichen Versprechen, zum Beispiel die Schliessung des Gefangenenlagers in Guantánamo Bay, konnte Obama wesentlich weniger halten, als sich viel gewünscht hätten.
Dennoch stehen die Chancen für Obama recht gut. Im letzten Jahrhundert waren es gerade einmal vier Amtsinhaber, denen es nicht gelang, nach ihrer ersten Amtsperiode erneut ins Weisse Haus einzuziehen.
Unsere jüngste Umfrage unter Wählern deutet an, dass Romney grosse Schwierigkeiten haben dürfte, diesen Trend zu brechen. Im direkten Vergleich kommt Obama auf 54 Prozent und liegt somit 11 Prozentpunkte vor Romney mit 43 Prozent.
«Ich glaube nicht, dass es das erbauchlichste, friedlichste oder netteste Präsidentschaftsrennen wird, das man je in Amerika gesehen hat», so Fleischer. «Wir werden wohl ein missmutiges Wahlvolk erleben und zwei Kandidaten, die beide in der Öffentlichkeit nicht sonderlich gut ankommen.»
Jonathan Mann
Dieser Text stammt von Jonathan Mann, Moderator und Journalist bei CNN International. Seine Kolumne steht in der Schweiz exklusiv für news.ch zur Verfügung. Mehr über das US-Wahljahr 2012 unter http://edition.cnn.com/ELECTION/2012.