«Natürlich sind Parteitage interessant, aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für Politik hier in Louisiana», so Bobby Jindal. Der Gouverneur des Bundesstaates Louisiana sagte die Rede ab, die er zur Unterstützung Romneys halten wollte.
Reine Formsache
Parteitage sind in Amerika eine wohlbekannte Tradition, zum grössten Teil jedoch reine Formsache. Durch eine Reihe von Vorwahlen in den einzelnen Bundesstaaten war Romneys Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten bereits vor Monaten beschlossene Sache, bevor die Republikaner sich in dieser Woche in Tampa, Florida, trafen, um Romney auch offiziell als ihren Kandidaten vorzustellen. Der Parteitag der Demokraten wird nächste Woche in Charlotte, North Carolina stattfinden, um Barack Obama offiziell zum Kandidaten für die Wiederwahl zu ernennen. Dabei wird es ebenso wenige Überraschungen geben wie bei der Ernennung von Mitt Romney.
Parteitage stellen für die jeweilige Partei und ihren Präsidentschaftskandidaten eine Möglichkeit dar, landesweit im Rampenlicht zu stehen und die Aufmerksamkeit der Medien auf mitreissende Reden, enthusiastische Parteigänger und optimistische Zukunftspläne zu lenken.
Diese Woche waren die Medien landesweit jedoch mit Hurrikan Isaac in New Orleans beschäftigt, der beinahe auf den Tag genau sieben Jahre, nachdem Hurrikan Katrina die Stadt überflutet hatte, dort ankam.
Hurrikan Katrina kostete fast 2000 Menschenleben und schädigte das Ansehen des republikanischen Präsidenten George Bush, der aufgrund seiner verblüffend langsamen und oftmals erfolglosen Notfallmassnahmen in die Kritik geriet. Das Gedenken an Katrina nutzt den Republikaner also nicht im Wahlkampf.
Wahlkampf im Wettstreit mit Ereignissen
Hurrikan Isaac stellt eine andere Herausforderung dar. Kurzzeitig schien es, als würde der Hurrikan genau zum Treffen der Republikaner in Tampa eintreffen.
Romney und Ryan lassen sich bejubeln. /


Diese Aussicht veranlasste die Parteiführer, den Start des Parteitages sicherheitshalber um einen Tag zu verschieben. Isaac ist gleichzeitig aber auch ein weiteres Beispiel dafür, wie Romneys Wahlkampf im Wettstreit mit Ereignissen steht, die schwer kontrollierbar sind.
Die letzte Woche wurde von der Debatte über den Kommentar eines republikanischen Abgeordneten überschattet, «legitime Vergewaltigungen» hätten selten eine Schwangerschaft für das Opfer zur Folge. Vorwürfe zu den Einstellungen der Republikaner gegenüber Frauen, Vergewaltigung und Abtreibung verdrängten andere Themen von den Titelseiten. Romney sah sich gezwungen, Stellung zu diesen Angriffen zu beziehen und sich von dem Abgeordneten zu distanzieren.
Eine Woche vorher wurde die Auswahl von Romneys Vizekandidat, dem Abgeordneten Paul Ryan, plötzlich von den Medien einer genauen Überprüfung unterzogen, in Bezug auf dessen umstrittenen Feldzug für eine radikale Finanzreform in Washington. Romney sah sich gezwungen, zur Geldpolitik seines Juniorpartners Stellung zu beziehen, währenddessen die Wahlkampagne weiterhin die Wähler zu überzeugen versuchte.
In den Wochen davor wurden Romneys Hauptthemen im Wahlkampf - die Arbeitsplatzbeschaffung und sein wirtschaftliches Know-how von Vorwürfen seitens der Obama-Anhänger untergraben, Romney habe in seinen Jahren als Risikokapitalgeber durch den Kauf und Verkauf von Firmen Stellen abgebaut und Unternehmen geschlossen.
Wochenlang haben Romney und seine Anhänger sich darüber beschwert, dass Obamas Wahllager versucht, Wähler von den eigentlichen Themen abzulenken, anstatt sie zu diskutieren. Diese Woche hat Hurrikan Isaac dies ganz alleine übernommen.
Jonathan Mann
Dieser Text stammt von Jonathan Mann, Moderator und Journalist bei CNN International. Seine Kolumne steht in der Schweiz exklusiv für news.ch zur Verfügung. Mehr über das US-Wahljahr 2012 unter http://edition.cnn.com/ELECTION/2012.