Nach der historischen Wahlpleite der deutschen FDP Ende September zögerte Christian Lindner nicht lange: Er erklärte bereits am Tag danach offiziell seine Kandidatur für den Bundesvorsitz. Seitdem zimmert der 34-Jährige an einem Team und arbeitet am Konzept für einen Wiederaufstieg der Liberalen.
Am Samstag nun wählte ihn der Bundesparteitag mit 79 Prozent in Berlin zum neuen Vorsitzenden. Ein besseres Resultat war angesichts der schwierigen Lage und zweier Gegenkandidaten kaum erreichbar.
Der als scharfzüngiger Rhetoriker bekannte nordrhein-westfälische Landes- und Fraktionschef lief schon vor seiner Wahl in einer Bewerbungsrede zu Höchstform auf und betonte kämpferisch, ausserparlamentarische Opposition bedeute für ihn «Machete und Florett». Die Zeit der Trauerarbeit sei zu Ende. Für die schwierige Aufgabe sei jedoch jeder Einzelne gefragt.
Lindner steht vor einer schwierigen Aufgabe, denn er muss die Partei neu ausrichten und dabei aufgrund der geringeren personellen und finanziellen Ressourcen Prioritäten setzen. Doch es wird schwierig werden, die FDP in der Öffentlichkeit präsent zu halten. Hier könnte sich aber eine Chance bieten, weil bei einer grossen Koalition die Opposition im Bundestag klein wäre.
Differenzen mit Rösler
Lindner gehört bereits seit März dem Präsidium als Bundesvize an. Unter seinen Vorgängern Guido Westerwelle und Philipp Rösler war er einst Generalsekretär.
Doch im Dezember 2011 hing er wegen Differenzen mit Rösler sein Amt überraschend an den Nagel. Er begründete dies später damit, dass er sich nur noch als Sprecher des Vorsitzenden gefühlt habe.
Christian Lindner bekam von Jürgen Möllemann den Spitznamen «Bambi». /


Doch Lindner legte wenige Monate später ein fulminantes Comeback hin, als er im Mai 2012 seine Partei in Nordrhein-Westfalen bei vorgezogenen Wahlen trotz miserabler Umfragewerte als Spitzenkandidat mit einem Traumergebnis von 8,6 Prozent in den Landtag führte.
Lindner verbindet eine enge Achse mit Wolfgang Kubicki in Schleswig-Holstein, der ihm als stellvertretender Parteivorsitzender zur Seite steht. Als Lindners Förderer gilt zudem der Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher, mit dem er in diesem Jahr ein Buch veröffentlichte.
Spitzname: «Bambi»
Seine Karriere begann Lindner im Alter von 14 Jahren bei den Jungen Liberalen. Es folgte ein steiler Aufstieg bei der FDP in seinem Heimatbundesland. Im Jahr 2000 zog er unter Landeschef Jürgen Möllemann als jüngster Abgeordneter in den NRW-Landtag ein. Dabei erwarb er sich schnell den Ruf des Analytikers und des Redetalents.
Möllemann verdankt er den Spitznamen «Bambi». Später war er unter anderem Vizechef der Landtagsfraktion. Bevor ihn der damalige FDP-Vorsitzende Westerwelle zum Generalsekretär der Bundespartei machte, war er in dieser Funktion bei der Landes-FDP tätig.
Lindners Ziel in neuer Funktion ist die Rückkehr in den Bundestag im Jahr 2017 - daran knüpft er sein politisches Schicksal. «Das ist eine persönliche Mission. Wenn ich die FDP 2017 zurück in den Bundestag führe, bleibe ich Politiker. Sonst nicht», kündigte er im Oktober in einem Interview an.