Dass der langjährige Regierungschef «seine offizielle Position nutzte und von parteiischer Medienberichterstattung» profitierte, habe ihm «einen klaren Vorteil vor den anderen Kandidaten verschafft», monierte die OSZE-Wahlbeobachtungsmission am Montag. Die Voraussetzungen seien nicht für alle Bewerber gleich gewesen und die «Wünsche des Volks nach Demokratie» nicht vollständig erfüllt worden.
Erdogan hatte die erste Direktwahl eines türkischen Präsidenten am Sonntag im ersten Durchgang gewonnen. Auf ihn entfielen knapp 52 Prozent der abgegebenen Stimmen, sein stärkster Widersacher Ekmeleddin Ihsanoglu kam auf gut 38 Prozent.
Schon bei seiner Stimmabgabe hatte Ihsanoglu einen «unfairen Wahlkampf» beklagt. Gründe für diesen Vorwurf lieferte er nicht, doch ist bekannt, dass Erdogan viel Geld in seine Kampagne investieren konnte.
Im Fernsehen galt dem starken Mann der Türkei die meiste Aufmerksamkeit, sein Gesicht prangte auf riesigen Plakaten an nahezu jeder Strassenecke etwa in Istanbul.
Erdogan hat die erste Direktwahl eines türkischen Präsidenten im ersten Durchgang gewonnen. /


Ihsanoglus Wahlkampfteam musste mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln auskommen.
EU will Politik der Versöhnung
Die EU forderte Erdogan zu einer Politik der Versöhnung auf. «Wir hoffen, dass Sie die Rolle als Versöhner spielen werden, die Ihnen Kraft dieses Amtes zukommt», erklärten die Präsidenten des Europäischen Rats und der EU-Kommission, Herman Van Rompuy und José Manuel Barroso, in einer am Montag veröffentlichten Glückwunschadresse an Erdogan.
Weiter hiess es, der designierte Staatschef, dessen Amtseinführung für den 28. August geplant ist, müsse allen «gesellschaftlichen Gruppen, Glaubensgemeinschaften, Befindlichkeiten, Meinungen und Lebensstilen» in der Türkei zusammenführen. Für Brüssel sei die Türkei ein Schlüsselpartner als «Nachbar, wichtiger Handelspartner und aussenpolitischer Verbündeter», aber auch als Kandidat für einen EU-Beitritt.
Ausserdem äusserten van Rompuy und Barroso die Hoffnung auf weitere Bemühungen um Versöhnung mit der kurdischen Bevölkerung und um eine Beilegung des Streits um die Mittelmeerinsel Zypern. Beide Themen belasten die politischen Beziehungen Ankaras zur EU und sind ein Stolperstein bei den Beitrittsverhandlungen.