«Wir haben bisher keine substanziellen Vorschläge bekommen», sagte Schäuble am Montag vor einem Krisentreffen mit seinen Amtskollegen der Eurozone zu Griechenland. Deshalb könnten die Euro-Finanzminister auch den Staats- und Regierungschef der Eurozone für ihren Griechenland-Gipfel am Abend «keine angemessene Vorbereitung liefern».
Ähnlich äusserte sich Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Die Vorschläge Griechenlands seien sehr kurzfristig gekommen, «es ist unmöglich, eine endgültige Bewertung zu haben», sagte er. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel dämpfte Erwartungen eines schnellen Erfolgs bei dem Treffen am Abend.
Weitere Beratungen diese Woche erwartet
Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande sagten aber, nach dem Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten wäre die Uhr noch nicht abgelaufen.
Der irische Finanzminister Michael Noonan äusserte die Erwartung, dass ein neues Eurogruppentreffen an diesem Donnerstag nötig sein werde. Am Donnerstag und Freitag treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs zu ihrem regulären Sommer-Gipfel.
Das aktuelle europäische Hilfsprogramm für Griechenland läuft am 30. Juni aus. Wenn bis dahin keine Einigung über die Auszahlung von Hilfsgeldern in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erzielt wird, droht dem Land die Staatspleite - zumal Athen bis zum 30. Juni 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen muss. Ein verbindliches Reformprogramm gilt als Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Finanzhilfen.
Tsipras für politische Lösung
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras sollte am Montag in Brüssel zunächst mit den Chefs der drei für die Gläubiger verhandelnden Institutionen IWF, Europäische Zentralbank (EZB) und EU-Kommission verhandeln.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht weiterhin keine belastbaren Angebote aus Athen. /


Über das Ergebnis sollten dann die Finanzminister beraten, die den Ball an die Regierungschefs weiterreichen sollten.
Aus Merkels Sicht lag der Schlüssel bei den Institutionen. Ohne deren abschliessende Empfehlung würde die Spitzenrunde am Abend nur ein «Beratungsgipfel» sein. Tsipras hatte klar gemacht, dass er auf eine «politische Lösung» in der Spitzenrunde setzt, der die Institutionen dann folgen müssten.
Andere Akteure gaben sich zuversichtlicher als Merkel. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sagte dem Sender Europe 1: «Wir bewegen uns in die richtige Richtung.»
Der Kabinettschef von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Martin Selmayr, nannte ein Angebot der Griechen vom Sonntag eine gute Basis. Er betonte aber, ein Kompromiss gleiche einer «Zangengeburt». Juncker selbst sagte, er wisse nicht, ob eine Lösung gelinge.
Renten erhöhen
Insidern und griechischen Medien zufolge bot die griechische Regierung am Sonntag an, das Rentenalter schrittweise auf 67 Jahre zu erhöhen. Das Rentensystem solle zudem vereinfacht und Ausnahmen gestrichen werden.
Zudem solle bei der Mehrwertsteuer der Basissatz von 23 Prozent gelten, während Energie und Grundnahrungsmittel mit 13 Prozent sowie Medikamente und Bücher mit 6 Prozent besteuert würden. Diese zwei Punkte waren bei den Reformverhandlungen bisher besonders umstritten.
Eine Schlüsselrolle im Reform-Poker spielt die EZB, denn sie hält bisher den Geldhahn für die griechischen Banken offen. Ein Ansturm auf die Banken würde eine nur schwer kontrollierbare Lage heraufbeschwören.
Die EZB erhöhte am Montag zum dritten Mal innerhalb von sechs Tagen den Rahmen für ELA-Banken-Nothilfen. Die griechischen Bankkunden hatten alleine in der vergangenen Woche mehr als 4 Milliarden Euro von ihren Konten abgeräumt.