... der deutschen Old-School-Wagenschmiede VW erfahren, dass die intelligenten Karren längst schon unter unseren Hintern rollen.
Mehr noch: Was in den vergangenen Jahren unter der Wolfsburger Stickoxidglocke vom Fliessband gegangen ist, weist geradezu humanoide Cleverness auf. Denn das «Schlauto» von Volkswagen kann richtig schummeln! Auf dem Prüfstand mimt es den sanften Ökofundi, draussen auf der Autobahn markiert es den rauen Macho. Ein einziger Selbstzünder aus der Passat-Reihe - hat man berechnet - stellt unter Realbedingungen locker den NO
x -Ausstoss von sage und schreibe 800 Toyota-Prius-Modellen in den Schatten. Das ist doch mal ne Ansage, nicht?
Und mittendrin: Martin Winterkorn, bis zum 25. September Vorstandsvorsitzender des VW-Konzerns und - Sie ahnen es - total überrascht und bestürzt über die Betrugssoftware im eigenen Haus. Er, der von Weggefährten als ein derart diktatorischer und kontrollwütiger Chef beschrieben wird, dass man VW auch als das «Nordkorea der Autoindustrie» apostrophierte, ist in dieser Sache natürlich so unwissend und unschuldig, dass sein Rücktritt im Interesse der Firma mit 31 Millionen Franken Abfindung aufgewogen werden musste (Hinweis: Das ist sogar bedeutend mehr als das übliche FIFA-Trinkgeld zwischen Blatter und Platini).
Und die Leidtragenden? Natürlich einmal mehr wir, die Konsumenten! Uns hat es völlig auf dem falschen Fusspedal erwischt. Waren wir doch bisher überzeugt, dass die Automobilbranche alles in ihrer Macht Stehende tut, um Umwelt und Klima zu schützen und die wertvollen fossilen Energieträger zu schonen. Modellvariante für Modellvariante wähnten wir uns in der Gewissheit, dass Autos nur deshalb breiter, höher, stärker und teurer wurden, weil sie uns noch umweltfreundlicher und nachhaltiger von A nach B transportieren sollten. Wir hofften zusammen mit den grossen Herstellern, dass irgendwann einmal das Rätsel gelöst werden könnte, warum fast jedes Auto im Alltag 30 Prozent mehr «Most» verbraucht als im geprüften Normverbrauch.
/

/


Tankverdunstung?
Nichts, aber auch gar nichts hat darauf hingedeutet, dass die meisten Innovationen der vergangenen Jahre nicht aufs Konto der Ingenieure, sondern auf jenes der Marketingabteilungen gingen. Wie hätte uns auch auffallen können, dass marktreife Wasserstoff- und Elektroautos seit bald drei Jahrzehnten immer «in zirka fünf Jahren» verfügbar waren, derweil die tatsächlich erhältlichen Hybridfahrzeuge stets hybrid genug waren, um im europäischen Testzyklus auf dem Rollenprüfstand atemberaubende 19 Minuten lang eine gute Figur zu machen. - Um bei längeren Fahrten nicht selten «meh Dräck» auszustossen als Standardmodelle.
Allen Ernstes konnte an der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt, nur Tage bevor der VW-Bschiss aufflog, noch behauptet werden, moderne Diesel-Boliden seien inzwischen so sauber, dass sie die Luft nicht mehr belasten, sondern sogar eher noch reinigen würden. Und während Volkswagen - der Skandal war keine 48 Stunden alt - mal eben schnell 6,8 Milliarden Euro Rückstellungen für die drohenden US-Busse zur Seite legte, hiess es zwei Wochen zuvor, die deutsche Autobranche könne ohne staatliche Zuschüsse keinesfalls mehr als zweihundert Millionen in eine Versorgungsinfrastruktur für emissionsfreie Autos investieren. Ach ja: Mit den erwähnten 6,8 Milliarden liessen sich übrigens rechnerisch genug Solarzellen kaufen, die ausreichend Strom produzieren, um den gesamten Individualverkehr der Schweiz auf einen Schlag vom CO
2-Ausstoss zu befreien.
Manch ein Experte hat in den letzten Tagen gemutmasst, dass Winterkorns Betrugsskandal den überfälligen Frühling der alternativen Antriebe einläuten könnte. Und somit auch sein Gutes hätte. Nochmals lassen sich die Konsumenten bestimmt nicht mehr täuschen! Okay, ausser vielleicht für 0,5 Sekunden Mehrbeschleunigung. Oder zusätzliche 120 Liter Kofferraum. Oder eine Tachoanzeige bis 250. Aber dann kaufen sie garantiert ökologischer. Beim übernächsten Mal.