Die umstrittene Karikatur, die vermutlich als Vergeltung für das neuste Titelbild der Pariser Satirezeitung «Charlie Hebdo» zu werten ist, zeigt drei Satiriker, die um das sprichwörtliche goldene Kalb tanzen.
Ungepflegt und seelenlos?
Die drei Männer machen einen höchst ungepflegten Eindruck uns zeigen zudem entblösste Genitalien. Der linke Mann hält einen überdimensionalen Zeichenstift in der Hand, während er fröhlich um den Götzen «Meinungsfreiheit» - symbolisiert durch das Kalb - tanzt. Die mittlere Figur trägt ein «Je suis Charlie»-Shirt und tanzt auf teuflischen Pferdefüssen. Der Tänzer rechts hält strahlend sein eigenes Herz in der Hand, was unzweideutig die Herzlosigkeit und Wertefreiheit der Satireszene darstellen soll.
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Signiert ist das provokante Werk zudem von einem bisher unbekannten Zeichner namens «LUCIF.».
Uvek gegen Freipass
Viele Karikaturisten und Cartoonisten haben sich inzwischen betroffen, verletzt oder gar wütend zur päpstlichen Karikatur geäussert. «Die Unterstellung, herzlos einen Götzen anzubeten oder gar des Teufels zu sein, verletzt den rationalen Emotionshaushalt eines bekennenden Atheisten zutiefst», twitterte zum Beispiel der Karikaturist Hans Muster, der unter dem Pseudonym «Shutterstock» in der ganzen Welt Illustrationen veröffentlicht. «Zudem habe ich einen viel längeren als in diesem üblen Machwerk suggeriert wird.»
Der Schweizer Künstler Loris Deuthard, der seit Jahren in Bern unter dem Kürzel «Uvek» zeichnet, hält konsterniert fest, dass «Satire niemals ein Freipass» sein dürfe.
Und das traditionsreiche Schweizer Satiremagazin «Nebelspalter» schreibt in einer Stellungnahme, noch nie eine ähnliche zeichnerisch Entgleisung gesehen zu haben und will nund prüfen, die entwürdigende Karikatur auf juristischem Weg zumindest in der Schweiz verbieten zu lassen.
«Wir sind es leid»
«Praktisch im Jahresrhythmus kocht die Kontroverse darüber, wie weit Satire gehen dürfe, wieder hoch, ohne dass diese Debatten ein zählbares Ergebnis brächten», schreibt das Satiremagazin in seiner Stellungnahme weiter. «Wir sind es leid geworden, jedesmal aufs Neue vor unzähligen Mikrofonen zu erklären, dass Humor Geschmackssache ist.» Man sei es auch leid, darauf hinzuweisen, dass Satire alles dürfe, was sie brauche, um ihr Zielpublikum anzusprechen, aber dass man im modernen Medien- und Kommunikationszeitalter leider kaum mehr steuern könne, wer jenseits des Zielpublikums mit der eigenen Satire sonst noch in Berührung komme. «Wir sind es leid, festzuhalten, dass es nach unseren westlichen Werten Meinungsfreiheit entweder ganz oder gar nicht geben kann, und Gewalt niemals ein legitimes Mittel der Antwort ist.»
Es braucht eine gesetzliche Regelung
«Deshalb unterstützen wir», so der «Nebelspalter» weiter, «nach langem Zögern und reiflicher Überlegung nun die Idee, für Karikaturisten einen international verbindlichen Katalog auszuarbeiten, der ähnlich den Smartphone-Emojis rund 150 gesellschaftlich sanktionierte Bildelemente und -aussagen umfasst, aus denen sich Karikaturisten künftig legal ihre Bilder zusammensetzen dürfen.»