Harald Tappeiner / Quelle: news.ch / Montag, 3. August 2009 / 13:53 h
Hintergrund ist die parlamentarische Initiative von SP-Nationalrat Rudolf Rechsteiner, welche ein fünfjähriges Moratorium für die Einfuhr von Biotreibstoffen verlangt.
Das Moratorium wird von 18 Verbänden aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Menschenrechte, Kirche, Umweltschutz und Landwirtschaft unterstützt.
«Innovation behindert»
Dieses Moratorium, so Gregor von Drabich-Waechter, Mitbegründer der Jatropha Allianz, würde wichtige Wirtschafts- und Innovationsfelder für die Zukunft behindern, indem es alle Bio-Treibstoffe verbietet, auch diejenigen, welche sämtliche Nachhaltigkeitsregeln befolgen.
So sei die Verwendung etwa der Jatropha-Pflanze ökologisch und sozial verträglich, ihr Anbau schaffe Arbeitsplätze und schone die Umwelt, schreibt die Allianz.
Entwicklungshilfeorganisationen besorgt
Kritisch äussert sich dagegen das Hilfswerk Swissaid, welches ein Moratorium fordert. Neben anderen Agrotreibstoffen konkurrenziere auch der Jatropha-Anbau die lokale Landwirtschaft, betont Tina Goethe von Swissaid. Die Jatropha-Pflanze wachse zwar auch auf kargen Wüstenboden. Für den kommerziellen Anbau würden dennoch gute Böden verwendet, da der Ertrag auf diesen ungleich grösser sei.
Zudem würden zur Ertragssteigerung das Mittel der künstlichen Bewässerung und Pestizide eingesetzt. Der teilweise umfangreiche Landerwerb durch Unternehmen in der dritten Welt stehe im Zusammenhang mit Agrotreibstoffen und auch mit der Jatropha-Pflanze, erklärt Goethe weiter.
WWF: Kein Handlungsbedarf
Auch Patrick Hofstetter vom WWF weist darauf hin, dass Jatropha auf fruchtbaren, guten Böden angebaut werden könnte. Mit den strengen Auflagen der Treibstoff-Ökobilanzverordnung des Bundes sei praktisch aber auszuschliessen, dass «schlechter» Jatropha-Treibstoff mineralölsteuerbefreit importiert werde. Der WWF hat deshalb auf eine Unterstützung der Initiative Rechsteiner verzichtet.
Das Problem des Importes stellt sich für die Schweiz momentan kaum. Noch nie wurde ein Gesuch für die mineralölsteuerbefreiten Einfuhr von Jatropha-Treibstoff gestellt, bestätigt Wolfgang Kobler von der Oberzolldirektion.
Jatropha-Anbau bei Luxor in Ägypten. /


Ohnehin war der Import von Agrostreibstoffen in die Schweiz bisher marginal. Laut Kobler handelt es sich dabei fast ausschliesslich um aus Europa gelieferten Bio-Treibstoff.
Jatropha Allianz: Kontrolle bereits gegeben
Die Jatropha Allianz ihrerseits verweist auf die Vereinbarung ihrer Mitglieder, mit der sie sich verpflichten, Jatropha nur auf Böden anzupflanzen, welche sonst nicht tauglich sind, um Nahrungsmittel anzupflanzen.
Ausserdem würden mit den seit dem 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Änderungen des bestehenden Mineralölsteuergesetz die sogenannten «schwarzen Schafe» unter den Agro-Treibstoffen bereits ausgesiebt, betont Drabich-Waechter von der Jatropha-Allianz.
Testflüge mit Jatropha-Biodiesel
Die Jatropha-Pflanze wächst weltweit im sogenannten »Jatropha-Gürtel«, 30 Grad nördlich bis 30 Grad südlich des Äquators. Die Pflanze gilt als extrem genügsam, sie kommt zur Not einige Monate ohne Wasser aus. Dies ermöglicht das Anpflanzen auf sehr kargem Boden, auf welchem sonst kaum etwas gedeihen könnte. Genutzt wird die Jatropha-Nuss, aus ihr wird Öl gepresst, dieses wiederum wird zu Bio-Treibstoff verarbeitet. Die Jatropha-Nuss ist giftig, sie kann von Menschen oder Tieren als Nahrungsmittel nicht genutzt werden.
In der traditionellen Landwirtschaft Westafrikas übernahm die Jatropha-Planze die Funktion der Hecke, welche die Felder vor Wildtieren schützte. Aus den Nüssen wurde zudem Seife hergestellt, erläutert Tina Goethe von Swissaid.
Das Jatropha-Öl kann unter anderem für den Antrieb von Generatoren genutzt werden. Die Fluggesellschaft Air New Zealand hat Testflüge mit Jatropha-Biodiesel gemacht und kam dabei laut der Jatropha Allianz zu guten Resultaten.