Wohl selten waren Berner Spieler so schnell geduscht und verschwunden wie am Sonntag. Kaum einer hatte noch die Nerven, sich den Fragen zu stellen. Und wenn, dann ging der Blick ins Leere, die Antworten kamen langsam und schwerfällig.
Die traurigen Augen von Seydou Doumbia erregten fast gleich viel Mitleid wie seine Aussagen. «Ich habe mir meinen Abschied natürlich anders vorgestellt, aber gut, das lässt sich nun nicht mehr ändern.» Mit gesenktem Kopf trottete er aus dem Stade de Suisse.
Er nimmt einen verlorenen Cupfinal und ein verlorenes Endspiel in der Meisterschaft mit auf seinen weiteren Lebensweg. «Und mit Ausnahme von heute viele schöne Erinnerungen.»
«Wir hätten den Titel genauso verdient»
Andere fanden nach dem x-ten Frust klare(re) Worte. Alain Baumann machte auf Galgenhumor. «Es tönt fast gemein. Aber langsam sind wir erprobt, wie es sich anfühlt, solche Situationen verarbeiten zu müssen.»
Der Sportchef, der 1986 Teil des letzten YB-Meisterteams gewesen war, wollte sich im immensen Frust und nach einer kurzen Nacht nicht vom letzten Eindruck leiten lassen. «Wir haben viele begeisternde Spiele abgeliefert, hätten diesen Titel genauso verdient wie Basel und dürfen stolz sein. Was bleibt, ist halt leider das Aber...»
«YB ist wieder in»
Die Etablierung als Nummer 2 des Landes gibt den Young Boys ein Fundament. «YB ist wieder in», sagte Baumann.
Henri Bienvenu ist am Boden zerstört. /


«Mit guten Resultaten können wir diesen Zustand beibehalten. Das Team merkt, wohin wir wollen und hat die Botschaft aufgenommen. Es identifiziert sich mit unserer Philosphie.»
Die vorab in der Vorrunde spektakulären Auftritte trieben den Zuschauerschnitt im Stade de Suisse um fast 5000 Personen auf über 22'600 Fans. Der Slogan «Ich YB dich», mit dem der Klub verschiedentlich warb, hat mehr Gültigkeit denn je.
Ohne ivorisches Gerippe
Vorerst gilt es für Baumann («der nächste Anlauf auf einen Titel hat bereits begonnen»), neben dem Verarbeiten der nächsten Enttäuschung die Personalplanung voranzutreiben. Mit Publikumsliebling Seydou Doumbia verlässt der Torschützenkönig der letzten zwei ASL-Saisons den Verein Richtung Russland, dem Angebot von ZSKA Moskau konnte YB aus finanziellem Anreiz nicht widerstehen.
Ein anderer Fall ist jener von Gilles Yapi. Doumbias ivorischer Landsmann wechselt, das weiss die Fussball-Schweiz seit Mitte Februar, innerhalb der Liga zu Meister Basel. Dass die Leistungen des physisch wie psychisch sensiblen Spielmachers seit Winter nicht mehr mit jenen der Vorrunde korrespondierten, war auch für Sportchef Baumann unübersehbar.
Berner Kommentare warfen der Klubführung am Montag vor, gegenüber Yapi zu wenig feinfühlig gewesen zu sein. «Heute würden wir in dieser Sache anders reagieren», gab Baumann zu. «Die Abgänge von Yapi und Doumbia haben teamintern vielleicht mehr bewirkt als wir gedacht haben.»
Spycher, Jemal und Lulic
Wer das ivorische Gerippe gleichwertig ersetzen soll, ist (noch?) nicht ersichtlich. Baumann: «Es gibt Strukturen, die wir nicht kaputt machen werden.» Sondiert werde primär der einheimische und europäische Markt. Doumbias bereits im Winter geholter Nachfolger Henri Bienvenu zeigte in seinen Einsätzen sehr gute Ansätze, ob er sich nachhaltig etablieren kann, muss sich erst zeigen.
Die ersten Aktivitäten auf dem Transfermarkt wurden gestern offiziell gemacht. Nach der Verpflichtung von Nationalspieler Christoph Spycher kamen nun die Neuzuzüge des tunesischen Internationalen Ammar Jemal (Etoile Sportive du Sahel) und von Senad Lulic (Grasshoppers) dazu.