von Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Freitag, 14. Januar 2011 / 12:00 h
Nun ist den Lesern dieser Kolumne vermutlich bekannt, dass der Autor Globuli und andere Globi-Medizin für Quatsch hält. Aber das ist nicht relevant, denn die Volksabstimmung war klar: Gutfühlmedizin gehört zurück in die Grundversicherung und wenn's mehr kostet, sind die Krankenkassen schuld.
Doch ein Problem wurde nicht berücksichtigt: Das der Diskriminierung. So wird die traditionelle chinesische Medizin (Nadeln gegen alles, Tigerpenis und Nashornpulver gegen Potenzprobleme) wieder finanziert, aber die Inder mit ihrem Ayurveda bleiben auch während der Versuchsphase aussen vor! Werden hier Inder bewusst benachteiligt? Ich fordere hiermit alle ayurvedischen Heilpraktiker auf: Klagt auch auf die Liste!
Ebenso sträflich vernachlässigt wird Uriellas Badewasser. Sicher, wir haben schon lange nichts mehr von unserer liebsten spirtuell-albernen Lichtgestalt gehört, aber das von ihr angerührte Badewasser hatte genau so viele aktive Wirkstoffe wie homöopathische D30 Tröpfchen... nämlich gar keine. Und wenn jemand daran glaubt, wie an Hahnemanns nicht-Medizin, dann wirkt das Zeug auch genau gleich gut und müsste genau gleich von der Versicherung übernommen werden.
Und auch sonst bleiben – ohne irgendwelche sachliche Begründung – Osteopathen, Magnetopathen, Geistheiler, Philipinische Hühnerklein-Chirurgen, Wallfahrten nach Lourdes, Anrufe bei Mike Shiva, eine Neueinrichtung der Wohnung nach Feng Shui, aussen vor, werden nicht einmal getestet, obwohl sie keinen Deut weniger wirksam als die 5 Methoden sind, die nun in den Handkuss einer Pflichtsubvention durch die KK-Prämien kommen.
Denn all diese Dinge können Menschen gut tun – wie auch Sweat-Lodge-Rituale bei Indianern, Schröpfköpfe und ein kleiner Exorzismus – und sogar manche Krankheiten, vor allem psychosomatische, zum Verschwinden bringen. Genau wie die berühmt berüchtigten Globuli. Und Bachblüten... Sie sehen, es nimmt kein Ende. Wenn also Rechtsgleichheit herrschen soll, dann entweder alles oder nichts.
Nur... was haben diese – in Doppelblind-Versuchen, sofern dies möglich ist (probieren Sie mal einen Sweat-Lodge Doppel-Blind-Versuch durch zu führen...
Onkel Doktor, hoch verdünnt: Homöopathische Tröpfchen, garantiert Wirkstofffrei /


viel Spass dabei) – auf dem Niveau von Placebo wirkenden Pseudo-Heilmethoden gemein, dass sie so populär sein lässt?
Es ist praktisch immer das Gefühl, dass sich jemand um den Patienten kümmert, auf seine Probleme eingeht. So steht bei Homöopathen meist ein langes Aufnahmegespräch am Anfang, ein Gespräch, das vielen Patienten so gut tut, dass es schnurzegal ist, wenn sie danach nichts als Zuckerkügelchen oder Wasser ohne jegliche Wirkung bekommen. Der Effekt liegt darin, sich ernst genommen zu fühlen und als Patient und Leidender.
Die Erkenntnis, dass Ärzte für ein ausführliches Patientengespräch nicht adäquat verrechnen können und sie wegen des Kostendrucks zu «Abfertigern» geworden sind, ist vermutlich der wahre Grund für das sehnen vieler Patienten, diese emotionale Medikation bei einem Alternativ- «Mediziner» zu erhalten, wo diese integraler Teil der «Behandlung» ist.
Irgendwann einmal hiess es noch, das man zum «Onkel Doktor» gehe. Und es war keine leere Phrase. Der Hausarzt war ein Vertrauter der Familie, er kannte seine Pappenheimer und die kannten ihn. Das Vertrauen und die Vertrautheit waren Teil der Behandlung und haben vermutlich manche psychosomatisch ausgelöste Krankheit genau so gut geheilt, wie es ein Homöopath oder Akkupunkteur jemals hinkriegen können. Doch diese Zeiten sind vorbei. Der Onkel Doktor ist nicht einmal mehr entfernter Verwandter. Dafür wird er vom Heilpraktiker hoch verdünnt verabreicht.
Dies ist die Lücke, welche die Alternativmedizin für viele Menschen schliesst und man darf sich fragen, ob es nicht vernünftiger wäre, Patientengesprächen bei Ärzten mehr monetären und fachlichen Wert zu geben, statt willkürlich ausgewählte Pseudo-Heilmethoden in die Grundversicherung auf zu nehmen. Davon könnten vermutlich sowohl Ärzte, Patienten und die Gesundheitskosten profitieren. Und die Inder müssten nicht zusammen mit Uriella vor Gericht ziehen.