Vor dem Erscheinen übte das in China vom kommunistischen Parteiorgan «Volkszeitung» herausgegebene Blatt «Global Times» scharfe Kritik an Liao Yiwu und beschrieb ihn als «in seiner Heimat wenig bekannten Schriftsteller».
«Wenn ihm das gegenwärtige System in China nicht gefällt, dann ist seine Wahl des »Exils« vielleicht der beste Weg, sein Problem zu lösen», kommentierte das Blatt. Seine Haft von 1990 bis 1994 wurde in dem Beitrag zwar erwähnt, aber nicht, dass Liao Yiwu wegen eines Gedichts zum Massaker am 4. Juni 1989 eingesperrt worden war.
Nationalistisches Blatt
Vielmehr hiess es nur, Liao Yiwu habe ein «unglückliches Leben» geführt. Die Veränderungen in Chinas Gesellschaft hätten ihn nicht angesprochen. «Sein Hass auf das chinesische politische System lässt sich nicht auflösen», stellte der Kommentator fest.
Liao Yiwu bei einer Veranstaltung im Literaturhaus Köln (Archivbild/Oktober 2010). /


China werde seine Reformen vorantreiben, sich aber niemals zu einem Land wie die USA oder Deutschland entwickeln: «Um den Aufstieg Chinas zu stören, mögen einige Dissidenten im Westen mehr geschätzt werden.» Ihr Einfluss werde mit der vielschichtigen Entwicklung Chinas immer kleiner.
«Die Mehrheit der chinesischen Bevölkerung hat sich niemals an ihn erinnert, und er wird auch bald von den Leuten im Westen vergessen werden», schrieb der Kommentator der englischsprachigen «Global Times», die für ihre nationalistischen Töne bekannt ist.
Seit zwei Wochen im Exil
Die chinesischen Behörden hatten Liao Yiwu (Jahrgang 1958) unter Druck gesetzt, seinen «Zeugenbericht aus chinesischen Gefängnissen», wie der Untertitel heisst, nicht im Ausland zu veröffentlichen.
Vor knapp zwei Wochen setzte sich der Autor nach Deutschland ab. Er rechnet vorerst nicht damit, nach China zurückkehren zu können. Liao Yiwu will zunächst in Berlin bleiben und am 10. September zu einer Reise in die USA, nach Australien und Taiwan aufbrechen.