Der Ablauf der Wahl folgt einem strengen Drehbuch. Los ging es um 8 Uhr im Nationalratssaal. Zuerst würdigte Ständeratspräsident Hans Altherr, der die Vereinigte Bundesversammlung präsidiert, die scheidende Bundesrätin Micheline Calmy-Rey. Danach bekräftigten die verschiedenen Fraktionsvorsteher mit letzten Voten erneut ihre Positionen.
SVP-Fraktionschef Caspar Baader forderte das Parlament auf, die Regierung nach der arithmetischen Konkordanz zu besetzen. Das heisse, die SVP müsse auf Kosten von BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf einen zweiten Sitz erhalten.
Die SP bekräftigte, dass sie Widmer-Schlumpf wiederwählen will. Die SP werde alle bisherigen Bundesrätinnen und Bundesräten wiederwählen, sagte Fraktionschefin Ursula Wyss.
Die FDP-Fraktion will derweil wie angekündigt der SVP sofort einen zweiten Bundesratssitz zugestehen. Die Freisinnigen wollen deshalb statt Widmer-Schlumpf einen der beiden SVP-Kandidaten wählen.
Stabilität und Kontinuität seien Schweizer Werte, die in den letzten Wochen von allen Seiten immer wieder betont worden seien, sagte CVP-Fraktionspräsident Urs Schwaller. Auch die CVP-Fraktion stehe zu diesen Werten. Laut Schwaller bedeutet dies, dass der Bundesrat in seiner heutigen Zusammensetzung erhalten bleiben muss.
Wahl in Reihenfolge des Amtsalters
Die Bundesrätinnen und Bundesräte werden in der Reihenfolge des Amtsalters gewählt.
Wahlen in Bern. /


Als erstes steht die Wahl der dienstältesten Bundesrätin Doris Leuthard (CVP) an. Es folgen Eveline Widmer-Schlumpf (BDP), Ueli Maurer (SVP), Didier Burkhalter (FDP), Simonetta Sommaruga (SP) und Johann Schneider-Ammann (FDP). Zuletzt stellen sich die SP-Kandidaten Pierre-Yves Maillard und Alain Berset zur Wahl für die Nachfolge von Calmy-Rey. So zumindest ist es geplant.
Der Krimi beginnt aber bereits nach der erwarteten Wiederwahl von Leuthard: Die SVP greift den Sitz von Widmer-Schlumpf an. Die Volkspartei, die am Wahltag 61 Fraktionsmitglieder hat, kann dabei aber nur auf die zusätzlichen 41 Stimmen der FDP hoffen. Die übrigen Fraktionen haben sich hinter die amtierende BDP-Finanzministerin gestellt.
Alles beim Alten oder Chaos
Stimmen sie geschlossen, entfallen auf Widmer-Schlumpf 142 Stimmen. Bei einem absoluten Mehr von 123 Stimmen stehen ihre Wahlchancen gut. Wie es danach weitergeht, ist ungewiss. Nach Ansicht von SVP-Chef Toni Brunner bricht dann unter der Bundeshauskuppel das Chaos aus. Dies dürfte zutreffen - zumindest verglichen mit dem gemächlichen Gang von Bundesratswahlen früherer Jahrzehnte.
In den weiteren Wahlgängen könnte die SVP mit ihren Kandidaten die FDP-Bundesräte Burkhalter und Schneider-Ammann aus dem Amt zu drängen versuchen. Auch die Sitze der SP dürften vor den Attacken der Rechten nicht mehr sicher sein. Laut Brunner ist schlicht «alles möglich».