Es sei unklug, die Kräfteverhältnisse in der Landesregierung asymmetrisch abzubilden, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung». Denn «grundsätzlich stehen der SVP zwei Sitze im Siebnergremium zu». Die jetzige Konstellation sei «neu und risikobehaftet».
Auch der «Bund» hält den Anspruch der SVP auf einen zweiten Bundesrat für «berechtigt». «Auf die Dauer erträgt es unser System nicht, der stärksten Partei eine angemessene Vertretung in der Regierung zu verweigern.»
Denn mit der Missachtung des SVP-Anspruchs auf einen zweiten Bundesrat sei nicht nur die Partei, sondern auch mehr als ein Viertel der Wählerinnen und Wähler gedemütigt worden, schreibt der «Tagesanzeiger». «Wenn die Partei mit den meisten Wählerinnen und Wählern nicht auch am meisten Bundesräte stellt, stimmt etwas nicht.»
«Ende der Konkordanz»
Die «Basler Zeitung» schliesslich nennt es «bestürzend, wie leichtsinnig die Konkordanz am 14. Dezember verspielt wurde». «Es stehen schwere Zeiten bevor», heisst es weiter. Denn «die stärkste Partei, die SVP, sei nicht mehr ausreichend eingebunden».
Auch für die Genfer Tageszeitung «Tribune de Genève» ist «die Konkordanz am Mittwoch gestorben». «Durch die Bestätigung dieser exotischen Konstellation, in der die grösste Partei und die winzige BDP gleich stark vertreten sind, haben die Parlamentarier das elementare Gesetz des Gleichgewichts verletzt», heisst es.
«Aebi, wir sind jetzt Opposition! Fertig.»
In der «AZ» und der «Südostschweiz» erschien ein Blick in die Reihen der SVP-Parteispitze um Blocher, Baader und Brunner, der taktische Planung für die «Niederlage» bei den Wahlen offenbar. «Damit bringen wir die FDP so weit, geschlossen die Sozialdemokraten zu unterstützen. Das legitimiert die SVP als Oppositionspartei. Und die anderen werden als Lügner entlarvt», wird Parteipräsident Brunner zitiert.
Die Schuld an der SVP-Niederlage geben die Kommentatoren Christoph Blocher. /


In einem Gespräch über die Bankreihen des Parlamentssaales hinweg soll er auch zu verstehen gegeben haben, dass die Parteispitze den zweiten Bundesratssitz gar nicht erst angepeilt hat. Die «desolate Wahlstrategie soll einem grossen Masterplan folgen», beruft sich der Journalist Gieri Cavelty auf Aussagen Toni Brunners. Christoph Blocher soll seinen Parteikollegen derweil den Gang in die Opposition gepredigt haben: «Jetzt ist Opposition. Fertig», wird er im Gespräch mit SVP-Vertreter Andreas Aebi zitiert.
Rätselhafte Strategie
Vor allem die Strategie der SVP-Führung gibt den Kommentatoren Rätsel auf. Die Partei habe sich selbst aus dem Rennen genommen, «indem sie den Eindruck erweckte, gar nicht ernsthaft am Start zu sein», glaubt das «St. Galler Tagblatt».
Ähnlich äussert sich das «Bieler Tagblatt». «Die taktisch hilflos agierenden SVP-Kader lassen nur einen Schluss zu: Die Partei hat den zweiten Sitz gar nicht wirklich angestrebt.»
Das Westschweizer Blatt «Le Temps» vergleicht die SVP gar mit einem «kopflosen Huhn», das den Kandidaten Jean-François Rime «in einen mitleiderregenden und von allem Anfang an verlorenen Kampf geschickt hat». Und die «Südostschweiz» spricht von «einer brutalen Demütigung», die lange nachwirken werde.
Personelle Erneuerung
Die Schuld an der SVP-Niederlage geben die Kommentatoren dem SVP-Chefstrategen Christoph Blocher. «So sehr die SVP von Christoph Blocher in dessen besten Jahren profitiert hat, so sehr leidet sie heute unter dem für sie schmerzhaften wie unvermeidlichen Ablösungsprozess von ihrem Förderer und Haptsponsor», heisst es in der «Neuen Luzerner Zeitung».
«Die gestrige Bundesratswahl hat wohl das Ende der Ära Blocher markiert», prophezeit das «St. Galler Tagblatt». «Die SVP steht vor einem Erneuerungsprozess», schreibt auch der «Bund». Wenn die SVP danach ein bisschen geschickter taktiere - so glaubt der «Tagesanzeiger» - stehe einem zweiten Bundesrat auch nichts mehr im Weg.