Werner Otto gehörte zu den letzten noch lebenden Wirtschaftspionieren der Nachkriegszeit, die mit visionärer Kraft, ausgeprägtem Erfindungsreichtum und grossem unternehmerischen Mut die wirtschaftliche, gesellschaftspolitische und soziale Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland mitgeprägt haben.
Maren Otto, Ehefrau von Werner Otto: «Mein Mann hatte das grosse Glück, gesund in einem harmonischen und liebevollen Familienumfeld alt zu werden. Er hat bewusst etwas für seine Gesundheit getan und diszipliniert gelebt. Doch sein vielleicht wichtigster Lebensgrundsatz war, auch im Alter immer noch Ziele zu haben. Von Herzen dankbar sind wir, dass unsere Familie vor grösseren Schicksalsschlägen bewahrt worden ist.»
Dr. Michael Otto, ältester Sohn von Werner Otto, Unternehmer und Aufsichtsratsvorsitzender der Otto Group: «Mein Vater hatte ein reich erfülltes Leben. Er hat sich stets besonders mit der Zukunft beschäftigt und unternehmerisch ausserordentlich viel bewegt. Vor allem hat er den Mensch in den Mittelpunkt seines Handelns gestellt, war sozial engagiert und mir persönlich immer ein wertvoller und vertrauter Gesprächspartner».
Werner Otto, am 13. August 1909 in Seelow (Mark Brandenburg) als Sohn eines Kaufmanns geboren, kam nach dem Krieg als Flüchtling mit seiner Familie nach Hamburg. Dort gründete er zunächst eine Schuhfabrik. «Als dann die Zonengrenzen aufgehoben wurden und aus den traditionell in Südwestdeutschland beheimateten Schuhfabriken gut gearbeitete Ware auf den Markt kam, war meine Schuhfabrik ohne Fachleute nicht existenzfähig. Deshalb habe ich sie geschlossen.
Prof. Dr. h.c. Werner Otto. /


Mir blieben immerhin 6000 Mark und die Fabrikhallen», erinnerte sich Otto.
Schuhe verkaufen, die andere produzieren
Es folgte die Idee, die Ottos Leben veränderte: Warum nicht Schuhe verkaufen, die andere produziert haben? Und zwar im Versandhandel. Mit 6000 Mark Startkapital und vier Mitarbeitern begann 1949 die beispiellose Erfolgsgeschichte, aus der mit der Otto Group die grösste Versandhandelsgruppe der Welt hervorgehen sollte. Grundlage dieser einzigartigen Entwicklung war die konsequente Umsetzung der unternehmerischen Überzeugungen Werner Ottos. Vorrangig waren für ihn immer eine klare innovationsorientierte Unternehmensstrategie, der Aufbau eines leistungsfähigen Managements und die konsequente Multiplikation der eigenen Stärken. So vermied er den Kardinalfehler vieler Gründerunternehmer, sich auf Dauer im Tagesgeschäft für unentbehrlich zu halten und sich in zu viele Details einzumischen. Bereits 1965 übertrug Werner Otto die operative Führung des Unternehmens dem familienfremden Manager Günter Nawrath, dem 1981 sein Sohn Dr. Michael Otto im Vorstandsvorsitz folgte. Damit schuf sich Werner Otto den Freiraum für eine zweite unternehmerische Karriere.
Bereits 1962 wagte Werner Otto den Sprung nach Nordamerika und erschloss in Kanada Industrieparks und Wohngelände. Ab 1973, im Alter von über 60 Jahren, begann er mit dem Aufbau einer US-amerikanischen Immobiliengruppe, der Paramount Group in New York.
Seinen unternehmerischen Erfolg und seine Gestaltungsmöglichkeiten empfand Werner Otto immer auch als soziale Verpflichtung und gesellschaftspolitische Aufgabe.
Soziales Engagement
Um gezielt und wirkungsvoll helfen und menschliche Not lindern zu können, gründete er 1969 die «Werner Otto Stiftung». Diese medizinische Stiftung springt insbesondere dort ein, wo der Staat aus finanziellen Gründen nicht oder nicht schnell genug Gelder zur Verfügung stellt. Ein wichtiges Projekt der «Werner Otto Stiftung» ist das wissenschaftliche Behandlungszentrum für Krebskrankheiten im Kindesalter an der Universitätskinderklinik in Hamburg-Eppendorf, das zahlreichen leukämiekranken Kindern das Leben gerettet hat. Für hervorragende wissenschaftliche Leistungen wird alle zwei Jahre der Preis der «Werner Otto Stiftung» zur Förderung der medizinischen Forschung an in Hamburg tätige Forscher und Ärzte verliehen.
Anlässlich seines 100. Geburtstags gründete Werner Otto 2009 mit seiner Frau Maren die Werner und Maren Otto Stiftung zur Förderung der Alten-hilfe, insbesondere in Berlin und Brandenburg.