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Der Held von Giglio
Vermutlich erwarten Sie, dass hier nun der Fregattenkapitän Gregorio de Falco gelobt wird, dafür, dass er den armen, bedauerlichen, wegen der Schlagseite in eines der eigenen Rettungsboote gefallenen Kapitän Francesco Schettino zusammengestaucht und zur Rückkehr auf sein Schiff «Costa Concordia» aufgefordert hat. Doch solch sozialistische Polemiken werden Sie hier nicht lesen - nein!
Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Freitag, 20. Januar 2012 / 13:34 h
Denn der Held von Giglio war und ist Kapitän Schettino. Er hat genau das gemacht, was in der Wirtschaft von einem CEO, oder in der Politik von einem Staatschef erwartet wird. Als erstes hat er, ohne Widerspruch zu dulden, mutig das Steuer in die Hand genommen und einen Kurs gesetzt, der ANDERS ist. Genau. Jeder kann den vorgegebenen Wegen sklavisch Folgen. Dafür braucht es keinen Kapitän, da kann man auch gleich den Autopiloten einschalten. Genau wie ein CEO mit solchen Entscheidungen (wie damals jener von Kodak, der, nach dem diese Firma die Digitalfotografie praktisch erfunden hatte, diese zugunsten des Films wieder aufgab), seinen Aktionären eine Show bieten will, bot auch Schettino diese seinen Passagieren.
Und genau so wie ein CEO, der den Kurs originell setzt, war Schettino von Bord, bevor irgend jemand genau wusste, was passiert war. Denn ganz im Stil von gewissen CEO's hat Schettino erst Falschinformationen und Verharmlosungen geliefert und so eine unnötige Panik vermieden.
Als diese Panik dann trotz der umsichtigen Handlungen des Kapitäns ausbrach (irgendjemand bemerkte aus irgend einem Grund die 45° Schlagseite des Kahns), überliess er es seinen Untergebenen und faktischen Nachfolgern (da er ja längst auf dem Rettungsboot war), sich mit dem Krisenmanagement zu beschäftigen und sich so profilieren zu können. Genau wie ein Staatschef, der kurz vor einer Staatspleite seine Ämter abgibt und seinen Nachfolgern so die Gelegenheit beschert, zu zeigen, was sie können.
Und - genau so wie bei Verzweiflungstaten von Opfern von Krisen und Entlassungen - so hat auch Schettino ganz klar keine Schuld an den Toten der «Costa Concordia». Schliesslich war er ja längst von Bord, als diese Leute die Opfer der Inkompetenz der inoffiziellen Nachfolger und der Küstenwache wurden, die es nicht schafften, das Schiff, das (Zitat Schettino) «nur einen Stromausfall» hatte, zu retten.
Das nun tatsächlich Anklage gegen Schettino erhoben wird, ist ein Skandal! Genau so wie Silvio Berlusconi, Giorgos Papandreou oder Kostas Karamanlis, die Helden der fiskalen Stabilität und umsichtigen Steuerpolitik, angeklagt werden sollen, für die Not, die ihre Nachfolger über ihr Land bringen, so soll Schettino jetzt dafür belangt werden, dass es sein Offizieren nicht gelang, die Situation zu retten.
Nein, Schettino ist tadellos, ja ein Held! Wäre er nicht so nah an die Küste ran gefahren, die Rettung der Passagiere wäre viel schwieriger geworden! In diesem Sinne verdient er eine abschliessende Bonuszahlung. Wie zum Beispiel Charles Prince, der, nach riesigen Verlusten durch Sub-Prime Kredite als CEO der Citigroup 42 Mio. Dollar als Abgangsentschädigung bekam... oder Stan O'Neal, der Meryll Lynch die Unabhängigkeit, riesige Verluste und 161,5 Mio. Abgangsentschädigung kostete. Oder Henry McKinnell, unter dessen Ägide Pfizer 140 Milliarden an Wert verlor und mit 200'000'000 Dollar Abgangs- und Rentenzahlungen belohnt wurde.
Ja, Schettino hat ein Schiff auf die Felsen gesetzt, seinen Posten verlassen und danach gelogen und gemauschelt, dass sich die Balken biegen. Aber damit ist er nur den besten unserer Gesellschaft nachgefolgt, der Elite, eben jenen, die jeden Tag jene Risiken eingehen, für die alle anderen gerade stehen müssen. Deshalb gibt es nur eine Folgerung: Gebt Schettino einen goldenen Fallschirm - er hat ihn wahrlich verdient!
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