Die (Titel-)Ziele in der Meisterschaft haben Inter Mailand und Marseille längst abgeschrieben. Selbst das Erreichen der nächsten Champions League scheint derzeit utopisch. Marseille steht zwar noch im Cupfinal, doch gilt für beide Teams das Gleiche: Die Saison ist nur noch mit der Champions League zu retten.
Ein (kleiner) Erfolg wäre schon die Qualifikation für die Viertelfinals. Olympique Marseille erreichte dieses Stadium seit Einführung des K.o.-Modus noch nie. Für Inter wäre es das dritte Mal in Folge und aufgrund des chaotischen Saisonverlaufs mit zwei Trainerentlassungen ein beachtlicher Schritt.
Inter glaubt ans Weiterkommen
Dass der Rückstand aus dem Hinspiel wettgemacht wird, daran glauben sie bei Inter seit dem letzten Freitag wieder. Das heikle Auswärtsspiel bei Chievo Verona gewannen die Mailänder dank einer Willensleistung und zwei späten Toren der Argentinier Walter Samuel und Diego Milito 2:0.
Wie gross die Anspannung bei Inter war, zeigte die Reaktion von Claudio Ranieri. Der 60-jährige Trainerfuchs, mit Erfahrungen bei Klubs wie Chelsea, Valencia, Juventus und AS Roma, musste sich ein paar Tränen der Freude aus dem Augenwinkel wischen. Die Emotionen hatten den Römer überwältigt.
Ranieri bangt um seinen Job
«Ich bin ein Trainer, der von Emotionen lebt», so Ranieri. «Daher schäme ich mich dieser Tränen nicht.» Es gebe im Fussball in jedem Spiel Emotionen. «Manchmal sind sie positiv, manchmal negativ.» Welche Art der Gefühle ihn in den letzten Wochen im Griff hatte, brauchte Ranieri nicht speziell zu erwähnen. Elf Pflichtspiele hatte sein Team nicht mehr gewonnen, und die Leistungen waren zum Teil erbärmlich. Beim 0:1 im Hinspiel in Marseille, sah Inter dabei noch am Besten aus.
Das 2:0 von Verona hat die Stimmung bei Inter für den Moment beruhigt.
Wesley Sneijder und Inter Mailand suchen nach einem Erfolgserlebnis. /


Ranieri bangt aber auch vor dem Spiel gegen Marseille um seinen Job. Scheidet sein Team aus, könnte Präsident Massimo Moratti zum dritten Trainerwechsel in dieser Saison schreiten. Zumal der Wunschkandidat für die kommende Saison, der Portugiese André Villas-Boas, seit seiner Entlassung bei Chelsea vor neun Tagen bereits jetzt frei ist.
Marseille noch tiefer in der Krise
Derlei hat Marseilles Trainer Didier Deschamps nicht zu befürchten. Dabei ist sein Team noch schlimmer dran. Der 8. Platz in der Ligue 1 ist ein Hohn im Vergleich zu den Ambitionen des Vereins. Der Rückstand auf Rang 3 beträgt acht Punkte. Seit dem 1:0 gegen Inter von vor drei Wochen hat Marseille in der Ligue 1 viermal verloren und dabei keinen einzigen Treffer erzielt.
Die Position von Deschamps ist dennoch nicht in Gefahr. Der Welt- und Europameister von 1998 und 2000 sitzt fest im Sattel. Möglich scheint allerdings, dass er am Ende einer allenfalls verkorksten Saison von sich aus geht. So weit ist es jedoch noch nicht. Sollte Marseille die Viertelfinals erreichen, wäre dies international der grösste Erfolg seit dem Sieg in der Champions League 1993.
«Wir sind bereit für dieses Spiel», versicherte Deschamps trotz der längsten torlosen Serie seit 2006/2007. Er weiss: Die letzten Partien in der Ligue 1 sind kein Gradmesser für ein Champions-League-Spiel. Diese Erkenntnis hat Deschamps zuletzt selbst gefördert. Am Freitag beim 0:1 in Ajaccio liess er fünf Stammspieler nicht von Beginn weg auflaufen.