Lange hatte es danach ausgesehen, als könnte Pascal Loretan bei der Vergabe der Tickets für den Final der Top 8 ein gewichtiges Wort mitreden. Zwischenzeitlich erschien er im Zwischenklassement an 9. Stelle. Der Freiburger war auf Kurs, seinen Exploit vom diesjährigen Weltcup in London (5.) zu bestätigen. Dann jedoch folgte der verhängnisvolle 44. Schuss. Wegen einer Acht stürzte er in der Tabelle regelrecht ab. Anschliessend war der Faden gerissen.
Loretan wusste, wieso er den ominösen Schuss verhauen hatte. «Ich spürte bei der Abgabe ein Zucken im rechten Knie. Das hat mich massiv gestört. Schade, so etwas kommt selten vor. Besonders nervös war ich nicht bei meinem Olympia-Debüt.» Er bereitet sich nun auf seinen zweiten Einsatz in London vor. Auf dem Gelände der Royal Artillerie Barracks tritt er auch im 50 m liegend an.
Beyelers Horror-Start
Für Simon Beyeler war der Wettkampf vorbei, ehe er richtig begonnen hatte. Nach drei von 60 Schüssen stand immer noch keine Zehn auf seiner Resultat-Anzeige. Mit solch einer happigen Starthypothek hat man in der Regel keine Chance mehr auf den Finaleinzug. Wie seine Landsfrauen Annik Marguet und Heidi Diethelm Gerber fiel er bereits in der Anfangsphase ausser Rang und Traktanden.
Beyelers erster Schuss war eine 9,9. Er verpasste also die Maximalpunktzahl um lediglich einen Zehntel.
Simon Beyeler. /


«Es war auch etwas Pech dabei», monierte der Berner hinterher. «Dieses Ergebnis hat mir alles versaut. Ich bin ins Zweifeln geraten.» Nach einer weiteren Neun schaltete er eine Pause ein, um die Spannung neu aufzubauen. Das Time-out hatte aber nicht den gewünschten Effekt.
Er sei nicht hypernervös gewesen, berichtete Beyeler. Bei den Probeschüssen habe nichts auf einen Fehlstart hingedeutet. In der Vorbereitungsphase seien die technischen Abläufe sehr sauber gewesen. Trotz der ungünstigen Ausgangslage nach wenigen Minuten mochte Beyeler den Kopf nicht in den Sand stecken. «Aufgeben tut man einen Brief, aber sicher nicht einen Wettkampf», war seine pointierte Aussage.
Nun gelte es, die Niederlage zu verarbeiten und sich auf den Dreistellungsmatch zu konzentrieren. In dieser Disziplin ist er heuer beim Weltcup in München als Dritter aufs Podest gestiegen. Beyeler möchte seine schwache Olympia-Bilanz - in Peking hatten für ihn die Ränge 45 und 48 resultiert - beim insgesamt vierten Einsatz bei Sommerspielen unbedingt aufpolieren. «Die Final-Teilnahme ist ganz klar das Ziel für den Dreistellungsmatch», lautet seine Kampfansage.
Silber für Gaby Bühlmanns Schützling
Dass es beim Luftgewehr trotzdem noch Grund für Schweizer Jubel gab, lag am Silbermedaillengewinn von Niccolo Campriani. Der Weltmeister und Weltranglisten-Erste aus Italien wird von der ehemaligen Basler Spitzen-Schützin Gaby Bühlmann trainiert. Campriani musste sich nur Alin George Moldoveanu geschlagen geben. Der Olympia-Sieg des Rumänen kommt etwas überraschend, hatte er doch im bisherigen Saisonverlauf nicht brillieren können. Allerdings hatte er sein Potenzial bereits an den Sommerspielen 2008 in Peking angedeutet, als er Vierter wurde.
Bronze ging dank Gagan Narang an Indien. Dessen Landsmann Abhinav Bindra kam als Titelverteidiger nicht über Position 16 hinaus. Der Schweizer Nationaltrainer Wolfram Waibel junior hatte 1996 in Atlanta in dieser Disziplin für Österreich Silber geholt.