Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Freitag, 21. Dezember 2012 / 11:31 h
Es ist der 21. Dezember, und genau 10.11 Uhr MEZ, als diese Zeile geschrieben wird. Die Welt kreist weiterhin um die Sonne, während sie sich mit einer im Winkel von 23.44° geneigten Rotationsachse um sich selbst dreht. Dank dieser schrägen Rotationsachse und ihrer gegenwärtigen Position auf ihrem Umlauf um die Sonne ist dieser Tag der kürzeste des Jahres.
Würde unser Zeitsystem auf Logik und Wissen und nicht auf Tradition und überkommenem Aberglauben beruhen, wäre heute der letzte Tag des Jahres und morgen würde der neue Sonnenumlaufzyklus beginnen.
Von dem her hatten die Mayas recht (nicht mit dem ihnen angedichteten, nicht tatsächlich prophezeiten Weltuntergang), mit ihrer Ankündigung, dass heute etwas etwas zu Ende geht - nämlich ein astronomisches Jahr. Und morgen beginnt ein neues, an dem die Tage bis zur Mittsommer-Sonnenwende wieder wärmer, die Temperaturen höher werden... und dies obwohl wir uns auf unserer Umlaufbahn von der Sonne entfernen, denn der immer steilere Strahlungswinkel der Sonne sorgt für mehr Energietransfer und längere Tage.
All diese banalen Realitäten gleiten an sehr vielen Menschen - auch hier im «aufgeklärten» Westen ab wie ein Rührei von einer Teflonpfanne. So ist es tatsächlich manchem Zeitgenossen immer noch nicht klar, dass der Mond um die Erde, die Erde um die Sonne und die Sonne um das Zentrum unserer Galaxie (auch Milchstrasse genannt) kreist und dies mit einer mittleren Geschwindigkeit vom fast 30km pro Sekunde! Bugatti Veyron? Gegen unsere Erde eine lahme Krücke!
Es wird in Foren und Diskussionen immer wieder von dummen Menschen behauptet, dass unser Wissen über das Universum uns ja eigentlich nichts bringe. Worauf man nur antworten kann, dass solche Diskussionsbeiträge nichts bringen. Die eben durchlebte Weltuntergangspanik der vereinigten Idioten der Welt demonstriert eindrücklich, was wissen einem bringen kann.
Das ganze 2012-Gedöhns begann nämlich nicht mit dem Maya-Kalender sondern dem geheimnisvollen Planeten Nibiru. Der verstecke sich nämlich auf der anderen Seite der Sonne und würde 2012 irgendwie auf die andere Seite rum kommen und mit der Erde kollidieren, und das hätten die Sumerer vorhergesagt.
Ja.
Maya-Artekfakt: Nee, die wussten nichts vom Weltuntergang. /


Sicher. Wer nur eine halbe Unze Grips in der Birne hatte, lachte laut über diesen Quatsch. Planeten können sich nicht einfach verstecken - nicht einmal hinter der Sonne. Die Auswirkungen der Gravitation auf die Umlaufbahn anderer Planeten wäre zu gross. Zudem würde ein Planet auf einer Umlaufbahn und die Sonne mit Kollisionskurs mit der Erde irgendwann sogar mit nacktem Auge am Nachthimmel sichtbar. Doch Tatsachen beeindrucken offenbar nicht. Vor allem nicht jene, die der Wissenschaft «nicht trauen» (aber dafür glauben sie windigen Geschäftemachern, die sie übers Ohr hauen) und die lieber diffusen Gefühlen und esoterischem Klimbim vertrauen, solange sie nicht über eine statisch sichere Brücke gehen oder einen Telefonanruf tätigen wollen.
Es ist nicht bezifferbar, wie viel Geld dank Angstzuständen, sinnlosen Vorbereitungen auf das Ende der Welt, panischen Anrufen bei Astronomen und für strunzdumme Bücher der Untergangspropheten verschwendet worden ist.
Jene, welche die Erdumlaufbahn von einem Loch in der Wand zu unterscheiden vermögen, können über diese Ressourcen- und Zeitverschwendung nur den Kopf schütteln. Doch andererseits ist man auch nicht verwundert. Wenn in Schulen zig Stunden mit den alten Eidgenossen verbracht und Kindern kaum was über unseren Planeten beigebracht wird, wenn sich prominente (wie Günther Jauch) damit brüsten, beim Thema Universum einfach auszuklinken und lieber über ihren Glauben salbadern, der auf Weltungergangspredigern, gefälschten Büchern, geklauten Mythen und systematischen Denkverboten basiert, wenn Islamisten und andere Fundamentalisten nicht überall als die Idioten dargestellt werden, die sie sind, wenn Astrologen immer noch von den Medien hofiert und nicht als Lachnummern, die pseudowissenschaftlichen Stuss verzapfen geoutet werden, solange darf es einen nicht wundern, wenn die Blödheitsindustrie weiterhin fröhlich die Ahnungslosen in Angst und Schrecken versetzt.
Übrigens: der nächste Weltuntergang ist auf 2018 angekündet, der übernächste auf 2020. Aber diese Abstände scheinen eindeutig zu lange. Vermutlich wird schon nächstes Jahr wieder ein Apokalyptiker das Ende der Zeiten verkünden. Und ein paar Idioten werden auch dem wieder hinterher rennen.