Gezwungen worden sei sie nicht, bestätigt sie auch Interview deutlich.
Eine Mischung aus Bestätigung, dem Kick des Verbotenen und dem Reiz des Geldes sei es gewesen, erzählt die heute 20-Jährige. «Ich habe es weder unter Einfluss von Trunkenheit oder Drogen oder um Geld für Drogen zu haben, getan.» Das Buch biete ihr nun die Möglichkeit, andere junge Mädchen davor zu warnen, wie dieses Leben läuft. Denn am Ende berichtet sie von ihrer psychischen Zerstörung, die sie dazu bewogen hat, aufzuhören.
Wegschauen: Viele minderjährige Prostituierte
«Es gibt mehr minderjährige Prostituierte als man das glauben mag», erzählt sie. «Es ist unvorstellbar, dass es niemandem aufgefallen ist, weder in meinem privaten Umfeld noch in dem kleinen Dorf in Baden-Württemberg, in dem ich lebte.» Ihre Kontakte habe sie ausschliesslich über das Internet geknüpft.
Das Männerbild der jungen Frau hat sich durch die Prostitution gewandelt - und das nicht zum Guten. «Dieser gewisse lüsterne Blick ist entsetzlich», schildert sie. Dass erwachsene Männer gezielt nach extrem jungen Frauen Ausschau halten und sich das auf den Marktwert auswirke, findet sie widerlich. «Manche haben sich sogar den Ausweis zeigen lassen und fanden das besonders erregend, mit einer Minderjährigen rumzumachen.»
Eltern sollten sich mehr um Kinder kümmern
Müller sieht ihre Situation mittlerweile ohne jegliche Illusion. Das Buch sei ihre Therapie gewesen, um mit diesen Altlasten aufzuräumen. Dass sie damit so manche Menschen in ihrem Umfeld verstört hat, sei offensichtlich. «Es war nie meine Absicht, damit jemanden zu kränken oder mit meiner Beichte in ein schlechtes Licht zu rücken. Es ging mir nur darum, diesen Teil meiner Vergangenheit nicht länger zu verschweigen, sondern zu mir und meinem Leben zu stehen.»
Mittlerweile lebt Müller ein geregeltes Leben. Sie hat damit begonnen, ihre Ausbildung fortzusetzen und das Abitur nachzuholen. Später will sie Psychologie studieren. Ihr Privatleben läuft gut.
«Es gibt mehr minderjährige Prostituierte als man das glauben mag», erzählt die Buchautorin. (Symbolbild) /


Sie hat einen älteren Partner, der ihr auf gleicher Augenhöhe begegnet. Sie denkt auch darüber nach, später einmal selbst Kinder zu haben. «Ich weiss, dass es wichtig ist, Kindern konsequent Grenzen zu setzen und diese auch durchzusetzen. Das hat nichts damit zu tun, den Drang Neues zu entdecken, einzuschränken.»
Jugend verloren: Drang nach dem Unangepassten
Im Gegensatz zu einer recht normalen Kindheit sei die Jugend alles andere als durchschnittlich verlaufen. Sie hatte einen starken Drang danach, das Extreme, das Unangepasste auszuprobiern. «Ich verabscheute das Normale», erzählt sie. Der Drang nach der Anerkennung von aussen, von Männern, die älter waren und bereit waren, für Sex viel Geld zu bezahlen, machte sie an. Dadurch sei allerdings die unbeschwerte Jugend verloren gegangen.
Heute sieht sie in diesen Handlungen die mangelnde Selbstliebe. «Die Rechnung dafür war bitter und hoch», schildert sie. Dieser Teil des Buches sei ihr - wie auch die Abrechnung mit den Freiern - wichtig: «Das letzte Danke geht an die Freierschweine. Danke, dass ich euch kennengelernt habe. Danke, dass ihr es mir richtig besorgt habt und danke, dass ich noch lebe. Wacht endlich auf, Arschlöcher, denkt nach, bevor ihr etwas tut. Ihr habt meine Jugend zerstört, habt meine Seele auf Jahre krank gemacht. Nein, Aussreden wie 'Wenn du es nicht angeboten hättest, hätten wir es nicht getan' zählen nicht, denn ich war viel zu jung, um so etwas entscheiden zu können.»