Die Journalistenplätze im Gerichtssaal müssten neu vergeben werden, teilte das Oberlandesgericht (OLG) München am Montag mit. «Dies ist bis zum geplanten Hauptverhandlungsbeginn am 17. April 2013 zeitlich und organisatorisch nicht mehr möglich», heisst es in dem OLG-Beschluss.
Der Grund für den Aufschub: Das Bundesverfassungsgericht hatte am Freitag angeordnet, dass im Gerichtssaal Plätze für Journalisten türkischer und griechischer Medien reserviert werden müssen. Diese waren bei der Vergabe der 50 festen Plätze zunächst nicht berücksichtigt worden.
Acht der zehn Mordopfer der Terrorgruppe «Nationalsozialistischer Untergrund» (NSU) stammten aus der Türkei. Ein weiteres Opfer war griechischer Herkunft. Die türkische Tageszeitung «Sabah» hatte gegen die Vergabe der Plätze geklagt.
Das Verfahren gegen die Hauptangeklagte Beate Zschäpe hätte ursprünglich am Mittwoch beginnen sollen. Ihr und vier Mitangeklagten wird Beihilfe zum Mord und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.
Ratlosigkeit
Wie das Gericht die Plätze im neuen Verfahren vergeben will, ist noch unklar.
Nazi-Braut Beate Zschäpe sollte heute eigentlich der Prozess gemacht werden. /


«Ich habe nicht die geringste Ahnung, nach welchen Kriterien der Senat das neue Akkreditierungsverfahren machen wird», sagte Gerichtssprecherin Margarete Nötzel.
Wie die Platzvergabe verlaufen soll, hatten die Verfassungsrichter in ihrem Beschluss offen gelassen. Sie hatten angeordnet, «eine angemessene Zahl von Sitzplätzen an Vertreter von ausländischen Medien mit besonderem Bezug zu den Opfern der angeklagten Straftaten zu vergeben». Dies sei - so der Beschluss - beispielsweise mit einem Zusatzkontingent von mindestens drei Medienplätzen möglich.
Medien nicht gleichzeitig informiert
Ein Grund, wieso nur deutsche Medien für die Teilnahme am Prozess zugelassen wurden, war eine Panne. Das OLG München hatte die Akkreditierungen nach der Reihenfolge des Eingangs vergeben.
Das Gericht musste jedoch einräumen, dass es beim Versand der Medienmitteilung mit den Akkreditierungsbedingungen zu einem technischen Fehler gekommen war. In der Folge erfuhren einige Medien erst knapp 20 Minuten später vom Fristbeginn als andere.
Zusätzlich gab es im Gegensatz zu anderen Strafverfahren kein spezielles Kontingent für ausländische Medien. «Die Schaffung eines zusätzlichen Platzkontingents wäre ohne einen nicht ganz unbeträchtlichen organisatorischen Aufwand nicht möglich gewesen», sagte Sprecherin Nötzel.
Unterschiedliche Reaktionen
Die Nebenklage-Anwälte Stephan Lucas und Jens Rabe bezeichneten die Verschiebung als «mehr als ärgerlich». Sie sei «Ergebnis der seit Wochen starren Haltung des Gerichts, das sich jeder Kritik sperrte und konstruktiven Lösungsvorschlägen verweigerte», hiess es in einer Erklärung der Anwälte von Angehörigen des ersten NSU-Mordopfers Enver Simsek.
Die Verteidigung der Hauptangeklagten Zschäpe bezeichnete die Entscheidung des Gerichts als folgerichtig. «Nachdem unter anderem wegen technischer Fehler einige Medien später von der Akkreditierungsfrist erfahren hatten, stand das gesamte Verfahren infrage», sagte Anwalt Wolfgang Stahl.