Schon bevor der Gerichtsprozess gegen die «Zwickauer Zelle» bzw. die Neonazi-Terrorgruppe NSU (nationalsozialistischer Untergrund) startete, gab es lauter Pannen. Der Medienrummel war so aufgebauscht, dass nicht alle Presseleute einen Sitzplatz im Gerichtssaal reservieren konnten. Heute wurde bekannt gegeben, dass die Verteidiger den Richter als voreingenommen («befangen») einstufen. Das Gericht wurde wieder um eine Woche vertagt. Wir haben Zeit für einen Rückblick.
Die neun Opfer der in Zusammenhang gebrachten Morde («Mordserie») waren türkische und griechische Dönerladenbesitzer, Gemüsehändler und andere Arbeiter. Geographisch fanden die Morde in einem weiten Gebiet verstreut statt: Nürnberg, Hamburg, München, Rostock, Dortmund, Kassel; zeitlich zwischen 2000 und 2006. Die Tatwaffe für alle neun Morde, eine Ceska Typ 83, wurde im explodierten Zwickauer Wohnhaus der zwei verstorbenen Komplizen von Beate Zschäpe gefunden. Bekenner-DVDs zur Mordserie («Aktion Dönerspiess») auch.
Die NSU-Bande: Uwe Bönhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe. /


Die zwei Hauptverdächtigen haben Selbstmord begangen, als sie nach einem Banküberfall ertappt wurden.
Netzwerk zwischen Staat und Unterwelt
Das letzte mutmassliche Opfer der Neonazis war die 22-jährige deutsche Polizistin Michèle Kiesewetter, die 2007 von zwei Männern in Heilbronn angegriffen wurde. Das Motiv der Neonazis am Mord der Polizistin bleibt unklar. «Der Spiegel» schrieb 2012 über Spekulationen einer damit verknüpften FBI-Operation, die von der Bundesanwaltschaft dementiert wurden. Weiter beschrieb «Spiegel» im Artikel «Düstere Parallelwelt» über das Netzwerk zwischen türkischen Staat und kriminellen Untergrund. Das Netzwerk soll gemäss Informanten aus Ultranationalisten, Militärs, Politikern und Justiz bestehen. Die türkische Drogenmafia hat sich inzwischen so weit internationalisiert, dass auch osteuropäische Schuldeneintreiber und Killer engagiert werden. Bei diesem brisanten Thema läuft der Polizeischutz von Zeugen auf Hochtouren.
Dass auch auf die Deutsche Polizei und die Deutsche Geheimpolizei nicht immer Verlass ist, zeigen die verwandten News.ch-Artikel im unteren Bereich. Jörg Ziercke, Präsident des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA) hat Fehler bei den Polizeiermittlungen eingestanden. Heinz Fromm, Ex-Verfassungsschutz-Präsident, hat aus Protest über die willkürliche Aktenvernichtung über den Fall sein Amt niedergelegt. Hinweise auf die türkisch-kurdische Drogenmafia vom türkischen Kriminalamt (KOM) im 2007 sollen ignoriert worden sein. Es erwartet uns ein undurchsichtiger Fall mit mehreren Böden.