Dort konnten die Tierschützer sie gestern in ihr Eingewöhnungsgehege entlassen. Die Tiere haben den langen Flug von Frankfurt am Main bis Johannesburg gut überstanden und erkunden derzeit ihr neues naturnahes Zuhause ohne Gitter und unter freiem Himmel.
Alle sechs Tiger wurden in deutschen Zirkussen geboren und kamen als Jungtiere zum Zirkus «Starlight». Vier der Tiere traten zunächst noch in der Manege auf, die Vorführungen wurden jedoch eingestellt, als die Grosskatzen ausgewachsen waren. Seitdem wurden die Tiger in Gruppen von zwei und vier Tieren in zwei Zirkuswagen auf maximal 25 Quadratmetern mitgeführt.
Zudem stand ihnen manchmal ein Wagen mit Badebecken zur Verfügung. An den Gastspielorten teilten sie sich abwechselnd ein kleines Aussengehege. «Diese Bedingungen waren alles andere als artgemäss und lagen unterhalb der geltenden Mindestanforderungen», erklärte Wildtierexperte Thomas Pietsch von «Vier Pfoten», der den Transport der Grosskatzen begleitete.
«Tiger in menschlicher Obhut brauchen riesige, reich strukturierte Gehege mit Rückzugsräumen und Deckung für alle Tiere, grosszügigen Badegelegenheiten und erhöhten Plätzen oder Baumstämmen zum Klettern, Liegen und Kratzen. Fahrende Zirkusunternehmen können diese Bedingungen nicht bieten.
Cheftierpflegerin Hildegard Pirker öffnet die Transportbox der Tiger. /


Die Betriebe wechseln ständig den Ort, deshalb sind die Verhältnisse in den Käfigwagen und den transportablen Aussengehegen extrem beengt.»
Der Zirkus hat im Sinne der Tiere entschieden
Nach monatelangen Gesprächen konnten die Wildtierexperten von «Vier Pfoten» und das zuständige Veterinäramt Gross-Gerau den Zirkus davon überzeugen, die Tiere freiwillig in die Obhut der Tierschutzorganisation zu übergeben. «Wir freuen uns sehr, dass der Zirkus eine Entscheidung im Sinne der Tiere getroffen hat», betonte Thomas Pietsch. «Und wir fordern andere Zirkusse auf, diesem positiven Beispiel zu folgen.» Doch einen Wermutstropfen gibt es. Der Zirkus «Starlight» behält seinen siebten Tiger, die gut zweijährige Zaila. «Sie wurde per Hand aufgezogen und tritt derzeit noch in der Manege auf», so Thomas Pietsch. «Leider konnten wir den Zirkus bisher nicht überzeugen, uns auch Zaila zu überlassen, doch wir hoffen, dass ihr Besitzer auch sie bald in unsere Obhut gibt.»
Die Wildtierhaltung in Zirkussen sieht «Vier Pfoten» in der Schweiz sehr kritisch
Nicht domestizierte Tierarten wie Elefanten, Grosskatzen usw. können in fahrenden Zirkusbetrieben in keiner Weise ihren arteigenen Bedürfnissen entsprechend gehalten werden. Der erfolgreiche Transport zeigt beispielhaft, dass Lösungen für Zirkusse mit Wildtieren möglich sind. «Wir nehmen die Überführung zum Anlass, für die Schweiz ein gesetzliches Verbot für Wildtiere im Zirkus zu fordern», sagt Pietsch.
Die sechs Tiger aus dem Zirkus «Starlight» dürfen in einigen Wochen aus dem Eingewöhnungsgehege in ihr endgültiges Zuhause einziehen. Im 1250 Hektar grossen Lionsrock nahe der Stadt Bethlehem leben mit den Neuankömmlingen insgesamt 82 gerettete Löwen und 14 Tiger sowie Zebras, Gnus, Pferde und Antilopen.