Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Dienstag, 20. Mai 2014 / 09:15 h
OK. Wir kennen das ja alle: «Alternativlos», «es gibt keinen anderen Weg» oder «es gibt keinen Plan B» sind jeweils Argumente, die gebracht werden, wenn andere Argumente nicht wirklich zu überzeugen vermögen. Es schwebt jeweils eine Implizierte Drohung mit, ein erhobener Zeigefinger und die Ankündigung, dass man ohne Dessert ins Bett muss, wenn man nicht brav ist und tut, wie einem befohlen wird.
Als Onkel Ueli uns dies sagte, als es um seinen schwedischen Lieblingsgreif ging, nahmen wir eigentlich alle an, dass dies die übliche Wahlkampfrhetorik sei, die dem Stimmvolk präsentiert wird, wenn ein Bundesrat etwas wirklich und echt ganz doll will. So richtig, richtig fest. Wie eben den Gripen. Und dass, sollte der liebe Ueli ihn nicht bekommen, durchaus ein weiterer Plan in der Schublade läge.
Denn immerhin, der Herr Maurer ist Verteidigungsminister. Und als solcher sollte er eigentlich wissen, dass es, ausser man ist eingekesselt, zahlenmässig hoffnungslos unterlegen und hat keinen einzigen Schuss mehr, immer einen Plan B geben sollte, eine Rückzugslinie, auf der sich die Kräfte in einer besseren Position wieder sammeln können. Denn wenn es diesen nicht gibt, wird aus einer womöglich kleinen Niederlage eine kopflose Flucht, die unnötige Verluste oder gar den totalen Untergang zur Folge hat.
Allzu siegessichere Feldherren mussten dies über die Jahrhunderte hinweg immer wieder erleben, und eigentlich sollte jeder, der sich ein wenig mit dem Militär und dessen Geschichte auseinandersetzt, dies wissen.
Nicht so der Verteidigungsminister der Schweiz.
VBS-Chef Ueli Maurer: Alternativ-Szenarien sind in diesem Departement nicht erhältlich. /


Wie gut das solche Drohszenarien funktionieren, hätte er ja von der Masseneinwanderungsinitiative her wissen sollen, wo vermutlich gerade die Drohungen, was die Folgen einer Annahme anging, so manchen zum Trötzeln gegen die Obrigkeit gebracht hat.
Doch nein, es gibt kein Alternativ-Szenario. Sorry, in diesem VBS nicht erhältlich.
In dieser Hinsicht behält Maurer seine Linie immerhin bei. Er weiss nicht was er machen soll und er vermittelt dies glasklar und mit grosser Starrköpfigkeit. Denn wenn wir seine Aussagen zusammenfassen, lassen sie sich in diesem Satz konzentrieren: Keine Ahnung was ich mache, aber jetzt erst recht!
Wie hausgemacht die Niederlage ist, zeigt sich auch darin, dass die geopolitischen Entwicklungen der letzten Zeit dem VBS eigentlich hätten in die Hände spielen müssen: Die Ereignisse in der Ukraine, wo eine Regierung ohne funktionierende Armee fast hilflos dem Zerfall seines Landes zusehen muss, war das perfekte Futter für jene unterbewussten Ängste, die einem Rüstungsentscheid vielfach Ja-Stimmen zutreiben, in weiten Kreisen der Bevölkerung Sorgen und den Wunsch nach einer starken Armee wecken müssten. Doch diese Ängste schliefen weiter.
Und nun schmollend auf die Westschweiz zu zeigen und zu behaupten, die dortige klarere Ablehnung sei eine Retourkutsche für die MEI gegen die Deutschschweiz, ist lachhaft. Auch (und nicht nur) die grössten Deutschschweizer Kantone lehnten ab und selbst dort, wo Armeeprojekte sonst einer komfortablen Mehrheit sicher sein können, reichte es diesmal nur für ein recht dünnes «Ja».
Was fehlt, ist nicht ein Wille, das Land auch im Notfall zu verteidigen, sondern offenbar der Glaube daran, dass die zuständigen Personen und Gremien noch die richtigen, deren Konzepte noch jene sind, welche die Sicherheitsfragen der heutigen Zeit beantworten können.
Und auch dies wäre eine Lehre aus der Militärgeschichte: Wenn erst einmal der Glaube an die Führung verloren gegangen ist, ist auch das Fussvolk nicht mehr willens, dieser zu folgen. Oder in diesem Fall, dieser einige Milliarden «Flugi-Geld» zu genehmigen. Die Konfusion und Planlosigkeit nach der Abstimmungsniederlage zeigen ganz klar, dass dieser Vertrauensentzug auch gerechtfertigt ist.