Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Dienstag, 20. Januar 2015 / 15:01 h
Denn die echten Auswirkungen weniger als eine Woche nach dem Paukenschlag vorherzusagen ist faktisch nicht möglich. Wird der Franken wieder sinken, werden die Minus-Zinsen wirken, wird sich der Euro wieder fangen?
Das war ja eh die Sache. Dass sich der Euro wieder fängt. Als 2011 die EU-Währung drohte, durch alle Böden zu rauschen, war man sich eigentlich sicher, dass die Sache, in zwei, allerspätestens drei Jahren wieder ausgestanden wäre. Jeder, der heute was anderes behauptet (mit Ausnahme jener natürlich, die das Ende des Euros in Jahresfrist erwartet hatten), kann sich nicht wirklich daran erinnern. Wir waren's gewohnt, dass der Euro irgendwo bei 1.35 rum dümpelte. Und das war ja schon tief, war das Ding ja auch schon mal 1.60 wert gewesen.
Letzten Sommer sah es dann ja wirklich auch schon mal ganz passabel aus. Ohne gross was dazu zu tun ging der Euro rauf auf 1.25 und ja, da war die Kursbindung de facto schon fast vorbei. Doch dann passierte so einiges. Ukraine.
Thomas Jordan, bei der Verkündung des Endes des Euro-Mindestkurses: Teeren und Federn oder noch etwas warten? /


Griechenland (wieder, immer noch, ständig...), Italien mit Regierungskrise, ein Frankreich, das nicht aus den Blöcken kam und ein Deutschland, das als Zahlmeister erwartete, dass die EU-Finanzpolitik sich an seinen Interessen orientierte, auch wenn diese denen der anderen Euro-Länder diametral entgegen gesetzt waren.
Doch das wäre nicht alles so schlimm gewesen, hätte in den USA nicht auf einmal die Wirtschaft wieder Fahrt aufgenommen. So gingen der Dollar rauf und der Euro noch weiter runter. Immerhin bescherte der steigende Dollar der SNB angenehme Buchgewinne, die sogar die Verluste, die das dümpelnde Euro-Gebirge in den Jahren zuvor angehäuft hatte, mehr als nur ausgleichen konnten.
Aber eben, der Euro hörte nicht auf zu knirschen und knarren. Und Thomas Jordan dürfte mehr als einmal an seine unterdessen berühmte Doktorarbeit über einen damals noch nicht mal existierenden Euro gedacht haben, in der er ein genau solches Szenario mit einer darbenden, durch krass auseinander laufende Volkswirtschaften geschädigte Gemeinschaftswährung gezeichnet hatte.
Als nun Mario Draghi, der EZB-Chef, den Kauf von Staatsanleihen durch die EZB ankündete (das sogenannte Quantitative Easing, mit dem mehr Liquidität in den Euroraum gepumpt werden soll), standen Jordan und seine Direktoriumsmitglieder vor der schwierigen Entscheidung, jetzt den Stecker zu ziehen oder womöglich die (virtuelle) Geldpresse auf Vollgas zu stellen und weitere hunderte Milliarden an Euro zu kaufen, während sich die Schräglage zu allen anderen Währungen weiter verstärkt hätte. Ausserdem würde sich durch die notwendige Frankenvermehrung die Gefahr einer grossen Inflation am Ende der Krise ergeben, so die Befürchtung vieler Volkswirtschaftler (während dieses Szenarium vom Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman als völlig falsch bezeichnet wird).
Wenn man manchen Volkswirtschaftlern glaubt, hat Jordan also den grösstmöglichen Fehler begangen, laut anderen, hat er vor dem Punkt ohne Wiederkehr die Notbremse gezogen. Ihm jedoch vorzuhalten, dass sein Handeln eher seinen Ansichten entspricht, was Währungspolitik angeht und ihm daraus einen Strick unter der Behauptung, er habe nicht unabhängig gehandelt, zu drehen, ist unfair. Denn - abgesehen von allen Konsequenzen - zeichnet sich unabhängiges Handeln doch dadurch aus, dass ein Entscheider sich für den von ihm als richtig angesehenen Weg entscheidet und nicht für den, den andere von ihm wünschen.
Freilich, sein Weg könnte durchaus auch der Holzweg sein. Oder die goldene Strasse. Vermutlich - wie fast immer - wird es etwas dazwischen werden. Doch alle, die jetzt schon ganz genau zu wissen behaupten, was passieren wird, sollten mal die ersten paar Wochen abwarten um heraus zu finden, wohin die Reise wirklich gehen wird. Der Teer ist dann ja wieder schnell aufgewärmt...