Regula Stämpfli / Quelle: news.ch / Mittwoch, 21. Januar 2015 / 13:40 h
Der «Die Welt» fiel die doppelte Ironie nicht auf: Der Schweizer Nationalheld wurde erst, nachdem ihn ein Deutscher dazu gemacht hatte, zur eigentlich historischen Figur. Dieser Vorgang ist dem aktuellen Kurs für den Schweizerfranken übrigens nicht unähnlich. Denn ohne Euro wäre der Schweizer Franken nicht das, was er heute ist... hallo? Was ist er eigentlich?
Alles de luxe: Der Schweizer Franken erinnert an ein Alltagsprodukt, das mit einem bestimmten Narrativ so aufgewertet wird, dass absurde Preise dafür verlangt werden können. Ich warte beispielsweise schon längst auf ein mit Goldblättchen angereichertes Superjoghurt, vielleicht noch mit Champagner gewürzt... dafür würde ich locker 100 Schweizerfranken ausgeben. Ist natürlich nicht ernst gemeint, doch das mit Champagner und Blattgold-Flocken versetzte Brot namens «Royal Bloomer» ist kein Witz und kostet beim Hersteller Robert Didier ungefähr 100 Schweizerfranken (75 Pfund um genau zu sein; dies nur ein Hinweis an alle Mikromanen). Was will ich damit belegen? Das gegenwärtige Leben als Konsum bringt absurde Diskussionen in Medien hervor, die sich unglücklicherweise im realen Alltag manifestieren.
So definiert das Kurserdbeben, ausgelöst durch einen Mann mit sprechendem Namen (über diesen Jordan musst du gehen...) Millionengewinne für Grossspekulanten während Kleinsparer, die ihre Nase auch vergolden wollen, beispielsweise von der Postfinance kalt gestellt werden. Was Devisenhändler tagtäglich machen und die Postfinance auch anbietet, nämlich Währungen umzutauschen, zu verkaufen und zu handeln, darf ein Eurokonten-Inhaber, der dieses nun in Schweizerfranken umtauschen will, nicht. Die «too big to fail»-Mentalität hat sich derart in den neoliberalen Kapitalismus eingefressen, dass sie die Realwirtschaftler wirklich zur lebendigen Münze degradiert, was uns zum helvetischen Einkaufstourismus führt. Der Euroschock oder Frankentop führt bei vielen Schweizern zu einer hektischen Alarmbereitschaft, die sich im unkontrollierten Shoppingwahn und im immerwährenden medialen «geile Nationalbank-Nicken» ausdrückt.
Niemand merkt dabei, dass sich das seit einigen Jahren gut funktionierende Alltagsprodukt «Schweizerfranken» dank FDP- und SVP-Wahlmaskottchen Thomas Jordan (meine unabhängige, freie Interpretation und Wortwahl zur Abhaltung des Nationalbankpräsidenten-Gastvortrags an einer Wahlveranstaltung der SVP und FDP in Horgen am 15.1.2015) zum klassischen Luxusprodukt postindustrieller Märkte entwickelt hat. Der Schweizerfranken wird wie das tägliche Brot von Robert Didier mit Goldblättchen und Champagner durchsetzt, um ziemlich ungeniessbar, dafür aber prestigeträchtig verhökert, ausgestellt, gehortet und fetischisiert zu werden. Mit Schweizerfranken wirklich zu arbeiten wäre ungefähr so, wie wenn man das tägliche Brot nur noch als «Royal Bloomer» zu sich nimmt. Glutenspezialistinnen können mir gerne ein anderes Beispiel als Brot nennen, es geht hier eigentlich nicht um Brot sondern darum, dass man Geld schliesslich nicht fressen kann, es aber immer wieder, wie die Schweizer Nationalbank seit dem 15.
Luxusgut Schweizer Franken: Das Geld für die Reichen! /


Januar 2015, versucht.
Die Lehre der unappetitlichen Luxusprodukte (es gibt tatsächlich Wasser, das in 50 Gramm-Ampullen zu 32 Dollar unter dem Namen «Kona Nigari» verkauft wird) zeigt, dass man davon nie satt wird, dass Luxus indessen für den Kapitalismus lebensnotwendig ist. Insofern hat die Frankenaufwertung durchaus ihren marktkonformen Glaubenssinn - wie denn auch die meisten Kommentare in den Schweizer Medien zeigen. «Luxus muss sein. Wenn die Reichen nicht viel verschwenden, verhungern die Armen» meinte schliesslich schon der französische Philosoph Charles de Montesquieu. Dass es zwar mit der Realität des «Dripping down»-Effekts nicht so weit her ist, stört in jenen Kreisen niemanden.
Am 15. Januar 2015 wurde nicht einfach die Eurokopplung des Schweizerfrankens aufgehoben, sondern der Schweizerfranken mutierte zum «Royal Bloomer» unter den internationalen Währungen. Dies genau zu dem Zeitpunkt, als Oxfam in seiner Studie zur globalen Reichstumverteilung festgestellt hat, dass die 80 reichsten Menschen soviel Vermögen besässen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammengerechnet.
Wahrscheinlich besitzen die Herren nun auch noch ein paar Milliarden Schweizerfranken mehr...Schön für diese 80 Materienseelen ist, dass sich ihr Vermögen zwischen 2009 und 2014 wie von selbst verdoppelt hat, während sich beispielsweise die Tagesansätze für freie Journalistinnen in derselben Zeit halbiert haben. Schön auch zu wissen, dass sich der Einfluss der globalen Finanzeliten auf die Politik massiv verschärft hat. Eine Milliarde wurde allein letztes Jahr für die Lobbyarbeit in Washington und Brüssel ausgegeben. 2014 war auch das Jahr, in dem die nach der Finanzkrise verabredeten, strengeren Bankenregeln (immerhin soviel meinte das Mäuschen als es ins Meer pisste) in den USA nun doch nicht eingeführt werden. Vor diesem Hintergrund wurde der 15. Jänner von Thomas Jordan als Frankenschock vollständig «unabhängig» gewählt... Wer auf die Idee käme, dies hätte wahrscheinlich etwas mit den eidgenössischen Wahlen 2015 zu tun, sollte sich schämen und wirklich nur Smartvote für politische Einschätzungen konsultieren. Die bemitleidenswerten Personen, die so denken, dürfen sich aber gerne auch selber inmitten dieses völlig apolitischen Medien- und Finanzgedöns mit Herrschaftsanspruch als immer stärker vereinsamende Hochbegabte betrauern.
Wollte man philosophisch werden (doch wer will das schon? ist ja «nix neues»), könnte man sagen: Der Franken dient nicht mehr den Menschen als geschmeidiges Alltagsmittel fürs Leben, Arbeiten, Wohnen, Kaufen, sich weiterbilden etc. sondern die Menschen haben dem Franken zu dienen. Franc de luxe sozusagen...