Regula Stämpfli / Quelle: news.ch / Mittwoch, 18. März 2015 / 14:46 h
Es gibt Kritiken, in denen es nach geschmierter Presse stinkt. Dagegen hilft kein Augenzwinkern. Wer in «Montecristo» nicht über die herrschende Realität finanzpolitischer Zusammenhänge erschreckt, ist ein übler Mitläufer. Klar doch: Einige Banker (u.a. meiner) sind seriös, anständig und geben keine Morde in Auftrag (jedenfalls meistens). Um die geht es bei Montecristo übrigens auch nicht. Es geht genau um die «Elite», die seit 2007 mit erheblich harten Bandagen, kriminellen Machenschaften und politischer Lobby die demokratischen Volkswirtschaften eigentlich in Schutt und Asche legen.
Es gibt Newsreportagen, in denen politische Zusammenhänge wie alte Konserven weggeschmissen werden. Die Hautfarbe des neuen CEOs der CS füllte mehr Kommentare, Zeitungsseiten und Berichte (u.a. mit grenzwertigen Titeln wie: «Er ist schwarz und spricht deutsch....») als die eventuell vorhandene, nach wie vor brandgefährliche Unterfinanzierung der Grossbanken.
Es gibt gibt Themen, die präsentieren Napalm zum Frühstück und tun dann so, als sei dies nicht verwerflich. So publizierten deutsche Medien zum Jauch-Gespräch mit dem griechischen Finanzminister statt einer klugen Zusammenfassung der Debatte ausschliesslich «News» zum Stinkefinger von Varoufakis.
Kein Wort über die Richtung des Stinkefingers, nämlich die herrschende globale Finanzelite. Varoufakis´ Stinkefinger bezog sich 2010 auf Griechenland und das Versäumnis, die privaten Gläubiger bankrott gehen zu lassen, statt die eigene Volkswirtschaft zu erwürgen. Im Klartext hätte Griechenland das tun sollen, was Island vorexerziert: Die Banker hinter Gitter bringen und nicht die Mehrheit der eigenen Bevölkerung.
Wäre dies passiert, würde der heutige deutsche Steuerzahler auch nicht weiterhin Milliarden an die deutschen Banken zahlen, die diese in Griechenland vor, während und nach der Finanzkrise von 2007 verspekuliert haben. Das war die Erkenntnis aus dem Jauch-Talk vom letzten Sonntag.
Autor Suter: Der Thriller «Montecristo» ist mitnichten für Verschwörungstheoretiker. /


Doch darüber war selbstverständlich nix zu lesen.
Es gibt Medien, die riechen so nach faulen Eiern, dass sie auch nur von imaginierten «faulen Griechen» berichten können, was meine deutschen Freunde, die nun wirklich alles andere als Bankerfreunde sind, aber trotzdem sofort glauben. Statt über Monster zu berichten, die via Kaviar und Algorithmen ganze Volkswirtschaften inklusive deren Menschen in Schutt und Asche legen, empören sich europäische Medien über einen Stinkefinger.
Wie wahnsinnig unkompliziert dies doch ist, nicht wahr? Die EZB beispielsweise, die sich heute die Einweihung ihres milliardenschweren Gebäudes gönnt. 500 Millionen Euro hätte der neue EZB-Herrschaftstempel kosten sollen. Es wurden selbstverständlich nicht nur das Doppelte, sondern 1.3. Milliarden (Quelle Wikipedia)
Statt sich aber über derartige Krawattenträger-Horden zu enervieren, prügeln die Journalisten auf die gegen derartige Perversionen demonstrierende Menschen und die sie verteidigende Kolumnistinnen ein. Ist ja auch verständlich: Wer will sich denn für Gerechtigkeit einsetzen, wenn er später Pressesprecher beispielsweise der UBS werden kann?
Wegen einer Feier für knapp 100 Männer in Anzügen (mit ein paar Frauen in Anzügen) werden nun die das EZB-Gebäude umringenden Frankfurter Strassen in Schutt und Asche gelegt. Einerseits von aggressiven Polizeikräften, die vor allem in Frankfurt der deutschen Prügeltradition gegen die Freiheit alle Ehre machen, andererseits von irgendwelchen nicht-identifizierbaren Krawallisten, die von Medien und Polizei sofort als «linke Terroristen» identifiziert werden, um in 50 Jahren vielleicht dokumentieren zu müssen, dass die Anstifter von EZB, Staat und Polizei geschmiert waren (wir erinnern diesbezüglich grad an den «zufälligen» Klau des wichtigsten Beweisstücks gegen einen grossen deutschen Waffenhändler aus den Räumen der Staatsanwaltschaft oder wir erinnern auch an die geschredderten NSU-Akten.)
Verschwörungstheorien in Montecristo? 2007 brach der Blitzkrieg der Grossbanken gegen Europa als letzter Bastion sozialer und demokratischer Grundrechte aus. Finanziert wird dieser Waffengang nach wie vor durch europäische und schweizerische Steuergelder. Angesichts dieser grossen Zusammenhänge über die EZB nur dann zu berichten, wenn sie Geld druckt oder ein neues Gebäude inthronisiert, ist lächerlich. EZB-Chef Dhragi ist frustiert, dass ausgerechnet sein Privatclub für die Wut der Menschen gegen den Finanzkapitalismus herhalten muss, tut er doch in seinen Augen alles, um die Krise zu beheben (und merkt nicht, dass er dies nur für die privaten Gläubiger und die Banken tut und damit das gefährlichste Monetaristenspiel aller Zeiten eingeläutet hat).
Nein. «Montecristo» wird Verschwörungstheoretikern nicht gefallen - viel zuviel Realitätsbezug. Roberto Salviano, Autor und Aufdecker der grossen Mafia & Finanzverbrecher sagte einmal auf die Frage: «Wie erkennt man eigentlich die Mafia?» «Sie wirken ausgeglichener als ich (lacht). Nein, es sind ganz normale Menschen. Anwälte, Angestellte, Unternehmer, Leute wie Sie und ich.» Es ist höchste Zeit, dass die meisten Journalisten endlich über die ganz «normalen» Menschen kritisch zu berichten beginnen. Und sei dies ein kritischer Bericht über die EZB, wenn um sie herum Strassen und Autos brennen.