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Pfusch-Quittung
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von Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Freitag, 21. November 2003 / 09:48 h
Bomben in Istanbul, Raketenangriffe in Bagdad. Während in der türkischen Metropole als prominentestes Opfer der britische Generalkonsul stirbt, werden in der irakischen Hauptstadt das Erdölministerium und Hotels von ausländischen Funktionäre und Journalisten angegriffen.
Die Resultate sind neben den Todesopfern und dem Leid der Verletzten vor allem Angst und Unsicherheit in der Zivilbevölkerung.
Und Wut. Wut auf die Amerikaner und Briten, die mit ihrem unbedachten Vorgehen in Irak in der Region an der Grenze zu Europa einen Flächenbrand ausgelöst haben. Vor allem die Arroganz der US-Administration, die davon ausging, dass es sich bei der Operation 'Enduring Freedom' um einen besseren Spaziergang für die eigenen Truppen handeln würde, verblüfft immer noch.
Da verteilten Politiker bereits die Beute unter befreundeten Unternehmen, dachten aber keinen Moment darüber nach, dass es die Unterstützung der Bevölkerung des eroberten Landes brauchen würde. Stattdessen freuten Sie sich über die eigenen Meinungsumfragen, die zeigten, dass die desinformierte und belogene US-Bevölkerung Saddam weghaben wollte, da er ja scheinbar für die Terrorangriffe auf die USA schuld gewesen sei.
Doch nun fällt alles in sich zusammen. Saddam ist mitnichten entmachtet: er klettert wieder aus der Mülltonne der Geschichte hervor und hat die Rolle vom irren Diktator zum mystischen Untergrundkämpfer gewechselt. Die Amerikaner zahlen unterdessen einen riesigen Blutzoll für das planlose Vorgehen ihres Verteidigungsministers.
Kaum war die irakische Armee besiegt, folgte Fehler auf Fehler: Die Waffenlager der Irakis wurden und werden wegen Personalmangel kaum bewacht. Zu Beginn wurden Plünderer teilnahmslos toleriert, die Sicherheit der 'befreiten' Zivilisten, schien gleichgültig zu sein. Niemand weiss, wie viele damals in anarchischen Scharmützeln starben, wie viele alte Rechnungen gewaltsam beglichen wurden. Die totale Demontage des alten Sicherheitsapparates von Polizei und Armee hinterliess ein riesiges Vakuum und tausende arbeitslose Männer.
Unterdessen grinsten Bush und Blair um die Wette. Der Irak wurde von den internationalen Terrororganisationen unter der Führung von El Kaida schnell als Ort erkannt, wo man sich fernab von funktionierenden Sicherheitsapparaten organisieren, viele frustrierte Sympathisanten finden und dazu noch dem grossen Dämon USA schmerzliche Schläge versetzen könnte.
Zudem war der ganze Feldzug im Rest der islamischen Welt ein Katalysator für den Zorn gegen die USA, denn die Motive waren offensichtlich nicht mehr der in Afghanistan vertretene Krieg gegen den Terror, sondern einfach die Beseitigung eines von der US-Regierung aus politischen Gründen gehassten Despoten. Das Resultat ist eine fast ausweglose Katastrophe.
Der letztwöchige US-Plan, sich früher zurückzuziehen, schien vor allem auf den Wahlkampf im nächsten Jahr abzuzielen, keineswegs auf einem durchdachtes Konzept der Stabilisierung der Region. Bush wollte einfach raus. Dass er nun bei seinem Besuch in London sogar wieder davon spricht, mehr Truppen zu schicken, und dass man nicht gehe, bevor der Job erledigt sei, beleuchtet grell, wie konzeptlos hier mit dem Leben von Tausenden verfahren wird.
Es ist nicht wahrscheinlich, dass Bush und seine Leute eine vernünftige Situation im Nahen Osten erzielen können. Denn dazu wäre vor allem taktisches Geschick nötig. Es wäre wichtig, Regierungen und Organisationen aus der Region vom Nutzen einer Kooperation zu überzeugen, den Iran und Syrien einzubinden, den Palästina-Konflikt anzugehen und die lokale Wirtschaft zu stärken.
Nur so kann der Terror-Zufluss gedämmt werden. Doch solche Massnahmen sind unspektakulär, zeitaufwendig, anstrengend, teilweise frustrierend und lassen sich nicht mit hübschen Fernsehbildern vermarkten. Ausserdem würden sie den Wirtschaftsinteressen der Mitglieder der Bush-Administration im Wege stehen. Die einzige Hoffnung ist deshalb, dass Bush bei der nächsten Wahl aus seinem Amt geschmissen wird.
Mindestens bis dahin wird allerdings die Angst vor dem allgegenwärtigen Terror unser Begleiter sein, wird die Welt die bitteren Früchte einer verpfuschten Aussenpolitik der letzten Weltmacht schlucken müssen.
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