Rafsandschani unterstütze öffentlich Verbrecher, hiess es im Leitartikel der Samstagausgabe. Auch die Äusserung des früheren Staatspräsidenten, der Iran stecke in einer Krise, sei falsch. «Das aussagekräftigste Wort, die derzeitige Lage zu beschreiben ist 'Verschwörung'», schrieb «Kayhan»-Chefredaktor Hossein Schariatmadari.
Der Leitartikel signalisiert die zunehmende Kluft in der iranischen Gesellschaft nach der umstrittenen Wahl am 12. Juni.
Akbar Haschemi Rafsandschani unterstütze Verbrecher, titelte eine regierungsnahe Zeitung über den Ex-Präsidenten. /


Schariatmadari gilt als Hardliner. Er fordert auch, dass der bei der unterlegende Präsidentschaftskandidat Mir Hussein Mussawi und ein weiterer führender Reformer wegen «schrecklicher Verbrechen» vor Gericht gestellt werden.
Freilassung gefordert
Begleitet von den grössten Massenprotesten seit knapp einem Monat hatte Rafsandschani die politische Führung unter Ajatollah Ali Chamenei scharf attackiert. In seinem Freitagsgebet sprach er von eindeutigen Verstössen bei der Wahl und stellte das offizielle Endergebnis in Frage, wonach Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad die Abstimmung gewonnen hat.
Zugleich verlangte Rafsandschani, der im Wahlkampf Mussawi unterstützt hatte, die Freilassung inhaftierter Demonstranten und eine Lockerung der Pressezensur. Rafsandschani ist der Vorsitzende des Expertenrats, der den Obersten Führer theoretisch absetzen kann.
Kritik geht nicht weit genug
Die iranische Rechtsanwältin und Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi nannte die Demonstrationen vom Freitag ein historischen Ereignis nicht nur für ihr Land, sondern für die ganze islamische Welt.
Zugleich begrüsste sie im «Spiegel» die Predigt Rafsandschanis, der die Führung der Islamischen Republik aber nicht entschieden genug kritisiert habe.