Dieses Szenario ist zwar äusserst unwahrscheinlich, die Regierung Obama unternimmt jedoch erste Schritte in diese Richtung. Derzeit wird gegen Vernehmungsbeamte der CIA (Central Intelligence Agency) ermittelt, die im Kampf gegen den Terrorismus eingesetzt worden sind.
«Man weiss nie, wohin so etwas führt», sagte mir der frühere CIA-Agent Peter Brookes. «Das kann sich bis in höchste Regierungskreise ziehen.»
Die Ermittlungen konzentrieren sich darauf, ob die Vernehmungsbeamten über ihre Anweisungen hinaus gehandelt und gegen das Gesetz verstossen haben, als sie beispielsweise einen Gefangenen bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt oder einen anderen mit einer Waffe und einer Bohrmaschine bedroht haben.
Regierung Obama ist nicht sonderlich begeistert
Die Regierung Obama ist nicht sonderlich begeistert davon, die Massnahmen der CIA zu hinterfragen, die nach dem 11. September 2001 in den USA für Sicherheit sorgen sollten. Präsident Obama selbst hat mehrfach erklärt, er wolle «nach vorne sehen, nicht zurück».
Die Republikaner äusserten sofort Kritik an den neuesten Ermittlungen, und selbst einige Demokraten bezeichneten diese als unpopulär.
«Aus politischer Sicht ist diese Vorgehensweise nicht gut für die Regierung», gibt der demokratische Stratege James Carville zu bedenken. «Die Öffentlichkeit hat kaum noch Interesse daran.»
Missbrauchsfälle sind erdrückend
Laut Generalstaatsanwalt Eric Holder sind die Indizien für Missbrauchsfälle aber so erdrückend, dass Ermittlungen erforderlich sind.
Generalstaatsanwalt Eric Holder. /


Niemand weiss, welche weiteren Beweise die Regierung letztlich zum Handeln zwingen werden. Nach Ansicht der Aktivistenorganisation American Civil Liberties Union, die sich gegen den Missbrauch von Gefangenen einsetzt, gilt: «Jedes Ermittlungsverfahren, das die Fakten wirklich bis an ihren Urspung zurückverfolgt, wird unweigerlich auf die Strafverfolgung hoher Regierungsbeamter hinauslaufen.»
Klingt das zu weit hergeholt?
Nach Angaben von Jack Goldsmith, einem juristischen Berater unter der Bush-Regierung, waren sich seine Kollegen der Tatsache überaus bewusst, dass der Präsident oder dessen Berater irgendwann einmal wegen der Schritte und Massnahmen, die sie nach dem 11. September ergriffen oder genehmigt haben, ins Fadenkreuz der Ermittlungen geraten könnten. Nicht zu vergessen: Das Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton wurde nur wegen seiner Falschaussagen zu seinen ausserehelichen Beziehungen eingeleitet.
Die amerikanische Politik ist unvorhersehbar, die Ermittlungen haben noch nicht einmal begonnen und sie werden viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich schätze, dass einige wichtige Personen diese Entwicklungen sehr genau beobachten werden.
Jonathan Mann - POLITICAL MANN
Dieser Text stammt von Jonathan Mann, Moderator und Journalist bei CNN International. Er moderiert das wöchentliche Politmagazin «Political Mann» auf CNN International. Der Text steht in der Schweiz exklusiv für news.ch zur Verfügung.