von Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Donnerstag, 24. Dezember 2009 / 08:31 h
Weihnachten ist jedes Jahr eine unendliche Quelle für Kolumnisten, Kommentatoren und selbst ernannt kritische Zeitgenossen, die vor allem ihre persönlichen Probleme mit dem weltweit populärsten Feiertag (selbst in völlig unchristlichen Nationen wie Japan wird er gefeiert), verarbeiten. Die Analyse von Familienkonflikten um den Weihnachtsbaum, Kritik am „Konsumterror“ und pseudo- oder echt-religiöses Besinnen, gehen da jeweils eine herzliche Symbiose ein, die vortäuscht, dass hier jemand tiefe Gedanken wälzt und etwas neues zu sagen hat. Wie schon ein Jahr zuvor.
Was sich scheinbar niemand fragt, ist, warum dieses Fest trotz all dieser Ding - so populär ist und sich fast niemand diesem Lichterzwang und Geschenkwahn zu entziehen vermag (abgesehen davon, dass schon alleine die Bedeutung der Weihnachtsverkäufe für die Wirtschaft so gross ist, dass ein Boykott selbst schon wieder Konsumterror – einfach umgekehrtem – entsprechen würde.
Christen werden nun natürlich sagen, dass hänge damit zusammen, dass sich niemand der frohen Botschaft der Geburt des Erlösers entziehen könne. Doch das greift etwas kurz, schert sich doch zum Beispiel in Japan kaum einer darum, wer da angeblich vor zweitausend und ein paar Jahren auf die Welt gekommen ist oder auch nicht. Und auch in Europa können immer weniger Menschen irgendwas mit Christus und dem Christentum anfangen.
Ein Indiz auf der Suche nach den Gründen ist natürlich, dass dieses Fest praktisch auf den Tag genau mit heidnischen Sonnwendfeiern aus vor-christlicher Zeit zusammenfällt. Kommt noch dazu, dass das Wohl bekannteste Symbol von Weihnachten, der „Christbaum“, seinen Ursprung definitiv nicht in der christlichen Mythologie hat. Als sich dieser Brauch im 18. und 19. Jahrhundert vor allem in Deutschland verbreitete, stellte sich die Kirche sogar klar gegen diesen als „heidnisch“ bezeichneten Brauch, den manche auf einen Kult um den römischen Sonnengott Mithras zurück führen, der seinerzeit zur Sonnenwende auch mit geschmückten Bäumen gefeiert wurde.
Der Mensch ist – trotz Nachtclubs und 24h-Tankstellenshops – ein tag-aktives Wesen. Die immer kürzer werdenden Tage gegen Ende des Jahres, die immer länger währende Dunkelheit... dies alles schlägt aufs Gemüt – sogar noch in der heutigen Zeit der Lichtverschmutzung bis an den Rand der Zivilisation. Noch viel stärker war dies früher der Fall, als die einzigen künstlichen Lichter von Kerzen und Öllampen stammten. Weihnachten prangt immer noch mit Kerzen und glitzerndem Schmuck, Weihnachtsbeleuchtung und blinkenden und blitzenden Dekorationen. Ja, die allgemeine Licht-Hochrüstung hat ein Mass angenommen, das bei sensibleren Zeitgenossen schon bald einmal zu allergischen Reaktionen führen könnte.
Sicher, für viele hat dieses Fest einen religiösen oder spirituellen Kern. Doch die eigentliche Magie geht von den Lichtern im Dunkel aus. Und von der Gewissheit, dass nun die Tage wieder länger werden, die Sonne jeden Tag wieder etwas früher am Horizont erscheint und etwas später wieder dahinter verschwindet.
Ebenfalls interessant: Alle berühmten Weihnachtsdestinationen im Tourismus befinden sich in der nördlichen Hemisphäre... Sei dies nun Prag, Nürnberg, Wien, Strassburg oder gar New York. Kaum jemand käme darauf, wegen – und nicht trotz – Weihnachten nach Sydney, Wellington oder Johannesburg oder Buenos Aires zu fliegen, wo jetzt die längsten Tage des Jahres mit dem höchsten Sonnenstand herrschen. Auch hier wird klar: Weihnachten muss im Dunklen stattfinden, um richtig zu wirken.
Für manche ist auch das Licht spiritueller und religiöser Natur... aber ohne die echte Dunkelheit, die nun langsam wieder zurück weicht, ohne den Kontrast und ohne unsere vererbte Angst vor der Finsternis wäre dieses Fest nicht das gleiche. Und nicht die Erfolgsstory, die es ist (und nun sogar einen islamischen Geistlichen zu einer Fatwa gegen Weihnachten getrieben hat).