von Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Freitag, 19. Februar 2010 / 11:35 h
Es dürfte sich um die bekanntesten Unbekannten der Welt handeln: Die 11 Meuchelmörder von Dubai. Doch die ganze Angelegenheit ist an und für sich nichts Aussergewöhnliches. Ja, es war ein eiskalt geplanter, präzise ausgeführter Mord... eine durchorganisierte Exekution. Doch das ist etwas, das Geheimdienste schon immer machten, es gehört zur Staatsraison vieler Länder, dass Feinde beseitigt werden müssen, welche die eigene Existenz gefährden. Und Hamas Führer Mahmud al-Mabhuh war zweifellos ein Feind Israels.
Was diesen Fall so faszinierend macht – und für viele so schockierend –, ist die Möglichkeit, dass die ganze Operation mit Ausnahme des eigentlichen Mordes in den Nachrichten lief und das Video jederzeit auf YouTube geschaut werden kann.
Von der Ankunft bis zur Abreise ist fast jeder Schritt der Mörder dokumentiert. Die Selbstverständlichkeit, mit der sich die Killer bewegen, das Mass an Organisation, dass offensichtlich notwendig war, um die elf Leute zu koordinieren, ist ebenso verblüffend wie deren offensichtliche Gleichgültigkeit gegenüber der Tatsache, dass sie in Dubai, einem der am besten mit Videokameras überwachten Ländern, ständig gefilmt wurden.
Legere Auftritte in Tennis-Kleidung, sogar ein kurzes Winken in die Überwachungskamera beim Einchecken in eines der Hotels. Der Wechsel in ein anderes Hotel, als feststeht, dass das Opfer nicht im gewohnten residieren wird: Das Schicksal von al-Mabhuh tickt vor den Augen des Zuschauers ab. Jedesmal, wenn er auf dem Bildschirm auftaucht, selbstsicher, ahnungslos, dem Tod geweiht. Und die Geheimdienst-Teams, die das Netz um den Terrorführer spannen, wissen, dass sie Erfolg haben werden. Al-Mabhuh hat keine Chance.
Und doch könnte diese «erfolgreiche» Operation – das Opfer ist tot, die Team-Mitglieder sind alle ohne Problem entkommen – zu einem Desaster werden. Sicher. Offiziell hat der Israelische Geheimdienst nichts mit dem Mord zu tun. Doch alles deutet darauf hin: Das Opfer, das Vorgehen, das Mass an Vorbereitung und Organisation, welche dieser Mord erforderte, die verfälschten Pässe, und so weiter: alles weist klar darauf hin, dass dies ein Job war, der nur von einem Geheimdienst ausgeführt werden konnte. Und die Wetten stehen momentan eindeutig auf «Mossad», wenn es darum geht, welcher Nachrichtendienst es denn wohl gewesen ist.
Für alle Geheimdienste, die immer noch solche «Wet Operations» durchführen, ist dieser Mord ein Menetekel, denn solche Operationen können nicht mehr geheim bleiben. Die Ironie daran: es sind genau jene Technologien, welche die Nachrichtendienste in ihren eigenen Ländern eingesetzt haben wollen, die dazu führen, dass ihr Geschäft nicht mehr im Verborgenen ausgeführt werden kann.
Biometrische Pässe, Überwachungskameras, Logs von Mobiltelefonprovidern und Gesichtserkennungssysteme machen Spionen und ihren Arbeitgebern das Leben zur Hölle.
Dies zeigt sich auch in diesem Fall: Für die europäischen Länder, von denen hier Pässe verfälscht wurden (da diese offensichtlich nicht mal mehr von staatlichen Geheimdiensten gefälscht werden können), hagelt es bereits diplomatische Proteste in Israel. Die von Dubai initiierte Interpol-Fahndung ist mit sehr gutem Bildmaterial unterfüttert, Bilder, mit denen dank moderner Gesichtserkennungssysteme die Täter durch die allgegenwärtigen Videokameras aufgespürt werden könnten. Und dank des halbstündigen Videos auf YouTube, erlangen die Agenten geradezu eine Pop-Star-Bekanntheit. Kaum etwas, worauf GEHEIM-Agenten scharf sein dürften.
Der moderne Überwachungsstaat schränkt zwar die Freiheit von allen ein – aber es ist fast schon tröstlich, dass nun auch jene, die bisher mit staatlicher Protektion durch alle Netze zu schlüpfen vermochten, aus ihren Tarnmänteln geschält werden... bye, bye Bond. Wir werden dich nicht vermissen (schon gar nicht nach diesem Video).