Regula Stämpfli / Quelle: news.ch / Freitag, 12. März 2010 / 09:34 h
Im Gegenteil. Kathryn Bigelow, gemäss TagesAnzeiger „die teuerste Domina der Welt“, schlug ihren Ex-Mann Cameron mit einem Machowerk erster Güte.
In «Hurt Locker» setzt sich ein Bombenentschärfer des US-Militärs über jede menschliche, demokratische und militärische Regel hinweg, um seiner Sucht nach dem Ticken der Bomben in der Todeszone zu frönen. Bigelow inszeniert den Natural Born Killer so wie Leni Riefenstahl ihre triumphgeschwängerten Nazijungs. Die weinerlichen Massen, sprich Menschen mit Sinn für Demokratie, Reden, Aushandeln, Mitgefühl, Doppelbödigkeit à la Festen von Dogma werden mit gewaltigem weiblichen Härteprinzip weggefegt.
Die Jungs oder eben Ex-Männer à la Cameron, die keine Dialoge, dafür schöne Bilder und sehnsuchtsvolle Stories, kombiniert mit jugendlich-frischer Technik à l'Avatar inszenieren, können gegenüber dieser penthesilianischen Wucht nur noch den Schwanz einziehen. Das ist der Feminismus, der uns allen zu blühen droht, sehr verehrte Damen und Herren! Es ist keine Gleichstellung mit flachen Hierarchien, ökotopischen Idealen, freiheitlicher Kreativität und sinnlicher Humanität, gepaart mit einer warenunabhängigen Erotik. Nein! Es ist eine Frauenunternehmergesellschaft, welche die Welt ausschliesslich in Macher und in Loosers einteilt. Wenn François Truffaut noch meinte, Kino als „Frauen-Kunst“ definieren zu können, um vor allem das Weibliche zu preisen und zu verteidigen, macht Bigelow mit einer schockierenden martialischen Wucht genau das Gegenteil. Ihr Kino ist erstickende patriarchale Kultur, gepaart mit einem grossen Vernichtungswillen gegen alles Weibliche.
Mädchen, Jungs und Frauen, die vor dieser Härte – schauen Sie sich nur den Kinnladen von Bigelow genauer an – zittern, eignen sich in einem solchen Kino-Welt-Bild wohl nur noch knapp zu kleinen Stunts in Pornofilmen, die in letzter Zeit übrigens gerne von Frauen à la Madonna im Alter zwischen 50 und 60 inszeniert werden.
Das ist die Welt einiger wichtiger Powerfrauen in den USA. Gipfel des Zynismus ist, diese Welt auch noch „feministisch“ zu nennen.
Regula Stämpfli an einer Lesung in Amriswil /


Kontrolliert, perfekt gestylt, machomässig durchtrainiert mit Oberarmen wie Michelle Obama, ausgestattet mit einem testosteronverdächtigen Kinn, das höchstens durch aufgepumpten Silikonbusen kompensiert wird, orchestrieren diese Frauen Medienimperien, multinationale Unternehmen und Grossbanken. Selbstverständlich tun sie dies nur im Singular (d.h. vereinzelt), da sie noch etwa 10 Jahre warten müssen, bis diese Art von US-Frau mit Stahlpanzer genügend sogenannt weiblichen Nachwuchs herangezogen hat. Dann werden die Bigelows, die Palins, die Madonnas, die Sharon Stones etc. dieser Welt nicht nur die USA heimsuchen, sondern wahrscheinlich als Schwiegertöchter mit unseren Söhnen in unseren Wohnzimmern sitzen.
Die Oscarnacht glich einem feministischen Albtraum, der Simone de Beauvoir dazu gebracht hätte ihr deuxième sexe in den Mülleimer zu schmeissen. Neben Bigelow gewannen nämlich noch Sandra Bullock und Mo’Nique. Die Stories hinter diesen Frauen? Da eine Mama aus der Hölle, die sogar noch eifersüchtig auf die vom Vater geschwängerte Tochter ist (!); da die Football-Mom aus dem (anti)christlichen Evangelistensüden, die ein dickliches, schwarzes Strassenkind (beachte Genus!) zum Profiplayer hoch trimmt.
Die kluge Autorin Ute Scheub beschreibt messerscharf und klar, weshalb die gegenwärtige Krise der Männer gefährlich für alle Menschen, insbesondere natürlich für die Frauen ist. Mit Blick auf die USA, die Strip-und Pornokultur eines völlig entwürdigten und sich selbst entwürdigenden Frauenbilds sowie Frauen à la Bigelow sollten Ute Scheub schleunigst zum nächsten Buch führen: Heldinnendämmerung. Denn die Bigelows sind mittlerweile nicht nur in Hollywood, leider. Ich traf eine davon erst kürzlich in der Europäischen Kommission... und lecke jetzt noch meine Wunden.
Die einzige Hoffnung letzten Sonntag bot, staun staun: ein deutscher, weisser Mann mit schütterem Haar: Christoph Waltz, dessen Humanität und schauspielerisches Können sowie unschlagbarer Witz wohl leider nicht nur in der Oscarnacht das aussterbende europäische Überbleibsel menschlich orientierter Emanzipation darstellte.