Felix Steinbild, Berlin / Quelle: news.ch / Freitag, 26. November 2010 / 11:51 h
Gitarristen sind schon eine besondere Spezies: Sie werden verehrt und neigen zu starkem Narzissmus, weil sie im Mittelpunkt einer jeden Rockband stehen. Fast klassisch ist das Rumgemäkel eines Gitarristen, der sich auf der Bühne als viel zu leise empfindet und einen Disput mit dem Mixer vom Zaun bricht. Gitarrensolos schwanken meistens zwischen selbstverliebtem Abgewichse und genialem Rausch. Das wird besonders im Hardrock und Metal auf die Spitze getrieben und gerne mit einem Augenzwinkern zelebriert.
Bluesgitarristen sind da schon etwas anders: Von Hause aus sind sie mit einem anderen Gemüt beschlagen. Zwar auch selbstverliebt, aber mit weniger Aggressivität: Melancholie und Selbstmitleid herrschen vor.
Auf dem diesjährigen Crossraods-Festival in Chicago sind nun die bedeutendsten (noch lebenden) Bluesgitarristen dem Ruf von Gitarren-Guru Eric Clapton gefolgt: James Burton, Hubert Sumlin, Robert Cray, ZZ Top, Steve Winwood, Jeff Beck, Vince Gill, Buddy Guy, John Mayer, Derek Trucks, B.B. King und viele andere.
Eric Clapton (l.) und Blues-Legende B.B. King. /


In dem ganzen Männerklüngel tummeln sich sogar zwei Frauen. Sheryl Crow, die zwar keine besondere Gitarristin ist, aber auf der Bühne eine gute Figur macht und Susan Tedeschi mit ihrer Band.
Workshop, keine Leistungsschau
Aus diesem Zusammentreffen wurde aber - eigentlich wohltuend - weniger eine Leistungsschau sechssaitiger Frickler, als ein Klassentreffen alter Bekannter. Oder man könnte es einen Workshop nennen, an dem der Zuschauer beteiligt wird. In den Kommentaren, die unter die Bilder vom Geschehen hinter der Bühne gelegt wurden, ist dieser Tenor dann auch rauszuhören: Jeder lernt von jedem, jeder schaut sich etwas vom anderen ab - und so war es schon immer, selbst bei Elmore James oder Robert Johnson.
Das 11 Stunden dauernde Festival fand im Juni im Toyota Park in Chicago statt und mehr als 27'000 Fans fanden den Weg dorthin. Dies war nach 2004 und 2007 schon das dritte Zusammentreffen in diesem Stile und die DVDs erfreuen sich grosser Beliebtheit: Die erste Crossroads-DVD von 2004 gehört - man höre und staune - zu den meistverkauften Musik-DVDs der Welt und konnte allein in den USA 10-faches Platin einfahren. Die zweite DVD (2007) wurde ebenfalls in Chicago mit gedreht und erreichte sechsfaches Platin.
Caritativ
Sämtliche Gewinne aus der Veranstaltung und der DVD werden zugunsten des Crossroad Centers in Antigua eingesetzt, das 1998 von Eric Clapton gegründet wurde, nachdem er in einem persönlichen Kampf die Alkohol- und Drogensucht besiegt hatte. Alkoholiker und Drogensüchtige können sich übrigens auf der Webseite crossroadsantigua.org bewerben.
Bei den 39 Tracks auf der DVD kommen Blues-Fans und Hobby-Gitarristen voll auf ihre Kosten - für alle anderen sind vier Stunden Material schon ein harter Brocken, da hilft auch nicht die witzige Moderation von Komiker Bill Murray.