Denn gleichzeitig mit dem Aufstieg des Klimawandels sind Themen wie Menschenrechte, Armut, HIV/Aids, Malaria und Korruption aus den Medien zurückgedrängt worden. Das konnten Forscher des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinsam mit Kollegen aus Frankreich, England und Irland zeigen.
Nachhaltigkeit heisst heute Klimawandel
Die Wissenschaftler beobachteten die Berichterstattung über Nachhaltigkeit in 115 führenden grossformatigen Zeitungen aus 41 Ländern im Zeitraum 1990 bis Mai 2010. Aus Deutschland waren darunter die Frankfurter Rundschau, das Hamburger Abendblatt, die Berliner Zeitung, die Stuttgarter Zeitung, die Süddeutsche, die Tageszeitung sowie die Welt. 69 Mio. Artikel wurden dabei in insgesamt 410'000 verschiedenen Zeitungsausgaben durchforstet und ausgewertet. Die Ergebnisse erscheinen anlässlich des Welt-Aids-Tages auf einer eigenen Webseite.
Nachhaltigkeit ist heute in den Zeitungen stärker vertreten als vor 20 Jahren, zeigt der Vergleich. Die Themengewichtung hat sich jedoch deutlich verschoben, wie etwa das Beispiel HIV/Aids zeigt. In den Industrieländern ging die Berichterstattung über die Krankheit in diesem Zeitraum um 70 Prozent zurück.
Die Eröffnungssitzung der COP 15 vor einem Jahr. /


Enthielt damals jede untersuchte Zeitung durchschnittlich 1,5 Artikel über HIV/Aids, so sank dieses Interesse später kontinuierlich. Seit 2008 findet muss man im Schnitt zwei Zeitungen aufschlagen, um über HIV/Aids zu lesen. Ähnlich erging es den Themen saurer Regen und Ozonloch.
Gefährliche Ignoranz im Norden
«Seit etwa 2006 stürzen sich die Medien auf den Klimawandel und haben ihn zum Schlagwort für Nachhaltigkeit schlechthin gemacht. Sozio-ökonomische Probleme wie Malaraia, HIV/Aids oder auch Menschenrechte und Armut werden hingegen immer mehr ignoriert», analysiert Ralf Barkemeyer von der Universität Leeds. Für Frank Figge von der Queens's University in Belfast kommt das zumindest im Fall von HIV/Aids nicht überraschend. «Im Norden gab es in diesem Zeitraum grosse Fortschritte in der Behandlung der Krankheit, während sich diese selbst in Richtung Süden bewegt hat. In betroffenen Entwicklungsländern - vor allem in Südafrika - ist das Thema auch in Medien omnipräsent.»
Für die weltweite Bekämpfung von HIV/Aids und anderen Krankheiten, die besonders in armen Ländern auftreten, stellt das abgeflachte Interesse im Norden eine grosse Gefahr dar. Denn der Grossteil der Medikamentenforschung geschieht weiterhin im Norden. «Vergisst man im Norden das Thema, so verzögert das eindeutig die Lösungen für die Pandemien in Entwicklungsländern», so Figge.