Am 19. November hatte das Schweizer Sportparlament den Dachverband beauftragt, die wieder frisch aufgekommene Idee von Winterspielen in der Schweiz weiterzuverfolgen. Gestern hat der Countdown begonnen. Die Vertreter der interessierten Regionen haben nun gut zwei Monate (bis Ende März) Zeit, Unterlagen einzureichen. Darin sollen sie aufzeigen, wie sie den hohen Anforderungen an einen Austragungsort bezüglich Infrastruktur gerecht werden können.
Aufgrund der Eingaben wird Swiss Olympic in Zusammenarbeit mit dem Bund eine «Kandidatur Schweiz» vorbereiten, die dem Sportparlament am 18. November dieses Jahres vorgelegt werden soll. Ein wichtiges Datum bis dorthin ist indessen der 6. Juli, wenn die IOC-Vollversammlung die Winterspiele 2018 vergibt. Im Rennen sind München, Annecy und der südkoreanische Dauerkandidat Pyeongchang.
Das Wahlergebnis kann die Strategie von Swiss Olympic beeinflussen. Es gibt verschiedene Überlegungen. Hätte eine europäische Kandidatur 2022 eine Chance, falls für 2018 München oder Annecy gewählt wird? Ist eine Schweizer Bewerbung für 2022 sinnvoll, wenn München dannzumal erneut kandidieren sollte? Möglicherweise wird die Schweiz ihre Ansprüche auf 2026 oder sogar 2030 verschieben.
Maurer: Alpine Landschaft, kurze Wege
Sportminister Ueli Maurer nannte in Ittigen die Voraussetzungen, die aus Sicht des Bundes erfüllt sein müssen: «Olympische Spiele in der Schweiz müssen weisse Spiele sein, in einer alpinen Landschaft, mit kurzen Wegen.
Sportminister Ueli Maurer fordert Nachhaltigkeit bei Investitionen in die Infrastruktur und eine absolute Transparenz bei der Finanzierung. /


Der Bund verlangt zudem den Nachweis der Nachhaltigkeit bei Investitionen in die Infrastruktur und eine absolute Transparenz bei der Finanzierung.» Maurers Kriterien sind weitgehend deckungsgleich mit den von einer Arbeitsgruppe unter dem früheren Swiss-Olympic-CEO Marco Blatter erarbeiteten und gestern von Swiss-Olympic-Präsident vorgelegten Erkenntnissen und Rahmenbedingungen:
- Es gibt ausreichend Signale vom IOC für eine Abkehr vom zunehmenden Gigantismus (für den die Sommerspiele 2008 in Peking das extreme Beispiel waren).
- Die Winterspiele sollen wieder in Wintersportorten, im Weissen, stattfinden. Das letzte wohltuende Beispiel hiefür waren die Spiele in Lillehammer 1994.
- Es gilt der Grundsatz vom maximal «zweieinhalb» Austragungsorten: ein Ort für die Schneedisziplinen, ein Ort für die Eisveranstaltungen und allenfalls ein dritter («halber») für den Eiskanal (Bob, Skeleton, Schlitten). Heute ist es aus ökologischen Gründen nicht mehr opportun, Bobruns zu errichten; die bestehende Anlage in St. Moritz wäre vermutlich bei jeder Schweizer Kandidatur ein fester Bestandteil.
- Bereits bestehende Infrastruktur soll so weit wie möglich genutzt werden. Neue Projekte müssen finanziell verträglich sein und auf eine Nachhaltigkeit hin geplant werden. Sehr wohl möglich sind auch rückbaubare Provisorien. Von neuer Infrastruktur -- beispielsweise im öffentlichen Verkehr -- soll die Bevölkerung profitieren.
Nicht gegen-, sondern miteinander
In frischer Erinnerung ist noch die recht heftig geführte Rivalität unter den Kandidatur-Anwärtern Davos und Bern-Montreux für die Winterspiele 2010. Das Sportparlament entschied sich damals für Bern-Montreux. Das Ganze endete jedoch in einem Fiasko. Das Berner Stimmvolk lehnte im November 2002 den kantonalen Kredit für die Kandidatur ab, sodass Swiss Olympic die Bewerbung zurückziehen musste.
Solches soll sich beim neuen Anlauf nicht wiederholen, denn Swiss Olympic wird bewusst eine «Kandidatur Schweiz» erarbeiten, bei der alle am gleichen Strick ziehen. «Wir dürfen uns nicht intern zerfleischen», mahnte Bundesrat Maurer. «Im ersten Schritt wird es wichtig sein, die Bevölkerung für das Ziel von Winterspielen zu begeistern -- in den Gemeinden, in den Kantonen und in der ganzen Schweiz.»