Stress kann zu Erschöpfung führen und schadet der Gesundheit. Das sind die gängigen Meinungen zu Stress. In kleinen Dosen könne Stress allerdings sogar gesundheitsfördernd wirken, sagt Reinhard Wetzker vom Universitätsklinikum Jena. Die Dosis sei entscheidend. Der Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Molekularbiologie prüft, wie Zellen und Organismen auf Stressreize reagieren.
«Die dem Stressreiz zugrundeliegenden molekularen Prozesse noch weitgehend unverstanden», sagt Wetzker in einem Interview mit pressetext. Genau hier wollen die Jenaer Forscher ansetzen. Ein gutes Beispiel sei der Hungerstress.
Etwas Stress hält fit - sagen Sie's einfach nicht dem Chef /


Die Forscher setzen Organismen oder Zellen - überwiegend Läuse - einer Hungerdiät aus. Das führt nachweisbar dazu, dass die Tierchen eine erhöhte Vitalität zeigen. Auch bei Affen mit Hungerstress kann nachgewiesen werden, dass diese sportlicher und agiler seien - und zudem länger leben.
Kein Stress ist ungesund
Von den Ergebnissen der experimentellen Untersuchungen mit Zellen und Organismen erwarten die Forscher ein besseres Verständnis der molekularen Reaktionsmuster von biologischen Systemen auf Stresseffekte. Ausserdem sollen die Ergebnisse neue Ansätze in der Medizin erschliessen. «Wenn man die molekularen Abläufe kennt, kann man versuchen, diese Prozesse mit Medikamenten künstlich hervorzurufen», erklärt Wetzker.
Dass kleine Mengen von Stress gesundheitsfördernd sind, haben Psychologen auch bei Menschen am Übergang ins Rentenalter feststellen können. «Wenn Menschen über 60 Jahren nur noch auf der Couch sitzen und sportliche Aktivitäten vermeiden, setzen sie sich einer Abwärtsspirale aus, die zum unnötigen frühen Tod führt», sagt Wetzker. Diejenigen, die aktiver leben - und sich damit einer geringen Dosis Stress unterziehen - lebten allgemein gesünder.