Bisher mussten die Spitäler den Krankenkassen lediglich mitteilen, welche Behandlungen durchgeführt wurden. Mit der neuen Spitalfinanzierung müssen sie ab 2012 in der Regel alle Informationen weiterleiten, also auch sämtliche Diagnosen und Nebendiagnosen. Der Patient kann aber verlangen, dass die Daten stattdessen an den Vertrauensarzt der Krankenkasse geschickt werden.
Die Spitalorganisation H+, welche den Kompromiss mit den Versicherungen ausgehandelt hat, sieht damit den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte der Patienten gewahrt. Privatim, der Verband der schweizerischen Datenschutzbeauftragten, sieht darin jedoch eine Verletzung des Arztgeheimnisses.
Patientenorganisation: «Gläserner Patient»
Auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda zeigte sich auch der Ärzteverband FMH empört. Die Vereinbarung sei untragbar, sagte FMH-Vorstandsmitglied Pierre-François Cuénoud auf Anfrage. Der Datenschutz sei nicht mehr garantiert.
Die Ärzteschaft fürchtet einen «Ausverkauf des Arztgeheimnisses». /


«Das ist ein Ausverkauf des Arztgeheimnisses», so Cuénoud.
Privatim-Präsident Bruno Baeriswyl hatte den Spitälern in der Sonntagspresse vorgeworfen, die Patientendaten gegen bessere Bedingungen bei den Spitalinvestitionen verkauft zu haben.
Für Margrit Kessler von der Stiftung SPO Patientenschutz wird mit der Vereinbarung der «gläserne Patient» Realität. Es sei völlig unrealistisch, die Daten alle an die Vertrauensärzte der Krankenkassen zu schicken. «So viele Vertrauensärzte gibt es gar nicht», sagte die Patientenschützerin zur sda.
Datenschutz nicht von Deutschland übernommen
Sie erinnert auch daran, dass die Schweiz zwar das System der Fallpauschalen von Deutschland übernommen habe, nicht aber den Datenschutz. Dort gehen die Patientendaten an einen medizinischen Dienst, der von den Krankenkassen unabhängig ist. Ein solches System fordert Kessler auch in der Schweiz.
Der Eidg. Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür will sich noch nicht im Detail äussern. Auch er steht der Vereinbarung aber «eher kritisch» gegenüber, wie sein Mitarbeiter Francis Meier auf Anfrage sagte. Thür äussert sich zur Vereinbarung, wenn der Antrag des Bundesamts für Gesundheit an den Bundesrat bekannt ist.