Die Mehrheit der Analysten hatte erwartet, dass die EZB den zuletzt im Juli um 0,25 Prozentpunkte angehobenen wichtigsten Leitzins vorerst trotz der verstärkten Inflation nicht weiter steigert, aber ihn auch nicht wegen der erlahmenden Konjunktur senkt.
Wegen der akuten Vertrauenskrise am Geldmarkt greift die EZB aber den Banken mit langfristigen Liquiditätslinien unter die Arme. EZB-Chef Jean-Claude Trichet sagte am Donnerstag nach seiner letzten grossen Ratssitzung, es würden zwei langfristige Refinanzierungsgeschäfte aufgelegt: eines mit einer Laufzeit von zwölf Monaten im Oktober und ein weiteres mit einer Laufzeit von 13 Monaten im Dezember. Die Banken sollten dabei so viel Geld bekommen, wie sie benötigten.
Der sogenannte 12-Monatstender hatte sich bereits in der Finanzkrise als Hilfe bewährt, da sich die Banken wegen des grassierenden Misstrauens untereinander kaum noch Geld liehen.
Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). /

Es hakt im Geldmarkt
Im Sog der Staatsschuldenkrise hakt es am Geldmarkt erneut: Insbesondere Finanzinstitute aus den schuldenbeladenen Randstaaten der Euro-Zone wie Griechenland, Irland und Portugal sind weitgehend auf den Gang zur Tränke der EZB angewiesen, da andere Banken ihnen kaum mehr Geld leihen wollen. Denn kaum jemand weiss, welche Risiken in den Bilanzen der Banken schlummern, die viele Staatsanleihen von Risikostaaten wie Griechenland in ihren Büchern haben.
In der Finanzkrise legte die Notenbank insgesamt drei Zwölf-Monatstender auf: Beim ersten besorgten sich mehr als 1000 Banken aus der gesamten Euro-Zone die Riesen-Summe von 442 Mrd. Euro.
An der EZB-Spitze kommt es zum personellen Wechsel: Auf der nächsten regulären Zinssitzung in Frankfurt im November wird bereits der neue Präsident Draghi im EZB-Rat das Zepter führen. Trichet tritt nach acht Jahren an der Spitze der Zentralbank Ende des Monats ab.