Sie versammelten sich im Finanzviertel in Chicago und vor einem Luxushotel, in dem eine Börsenkonferenz abgehalten wurde. Sie riefen «Wir sind die 99 Prozent!» und hielten Schilder mit der Aufforderung «Löst die Notenbank auf!» hoch.
«Wir wollen zeigen, welche Rolle die Finanzindustrie gespielt hat», sagte ein Demonstrant. «Es ist an der Zeit, ihnen mitzuteilen, wie sehr sie uns wehtun.»
Die Demonstration unter dem Slogan «Stand Up Chicago» wurde von Lehrern, Gewerkschaftsmitgliedern und Kirchenvertretern organisiert. Es kam zu 27 Festnahmen. Für die nächsten drei Tage sind weitere Proteste in Chicago geplant.
40'000 potentielle Arbeitsplätze
Chicago ist Standort der Warenbörse (CME) und einer der weltgrössten Optionsbörsen (CBOE). Die Organisatoren der Demonstrationen in Chicago fordern die Besteuerung von Finanztransaktionen an diesen beiden Marktplätzen.
Mit den Steuererträgen von geschätzt rund 1,4 Milliarden Dollar könnten 40'000 Arbeitsplätze geschaffen werden, schrieben sie in einer Stellungnahme.
Zensur im Internet
Twitter und Facebook zensieren nach Berichten der Demonstranten Statusmeldungen, die die Proteste betreffen.
Auch in San Francisco zogen tausende Amerikaner durch die Strassen. /


Diverse Screenshots, die in Internetforen zirkulieren, zeigen, wie Videos mit Schlagwörtern wie «occupywallst» oder «occupyboston» nicht auf die Portale hochgeladen werden konnten.
Demonstrationen überall in Amerika
Auch in Boston gingen die Bürger auf die Strassen. Ein Grosseinsatz der Polizei in voller Montur und mit Pfefferspray sorgte für Unruhen und hunderte von Verhaftungen. Augenzeugenberichte und Videos auf YouTube zeigen dabei unverhältnismässiges Vorgehen - wenn ein Demonstrant die Festnahmen mit einer Videokamera dokumentierte, so musste er mit Drohungen der Polizei rechnen.
Die Proteste haben ihren Ursprung in New York. Dort ruft das Netzwerk «Occupy Wall Street» seit Mitte September regelmässig zu Demonstrationen im Bankenviertel der Finanzmetropole auf. Auch in Washington, San Diego, Seattle, Manhatten, Iowa und Philadelphia kam es zu Aktionen gegen die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und eine ungleiche Verteilung von Wohlstand. Aufgrund der Zensur und dem immer noch verbreiteten Schweigen der US-Medien ist das Erfassen aller Proteste nur schwer möglich. Eine Karte der Dach-Organisation «occupy everywhere» versucht jedoch alle Demonstration in Amerika zu sammeln.
Für kommenden Samstag sind auf jedem Kontinent Demonstrationen geplant, von Zürich über Santiago de Chile bis nach Hong Kong und Melbourne.
Occupy Everywhere auf einer grösseren Karte anzeigen