Die umstrittene Bewegung um Spitzenpolitiker Rachid Ghannouchi bekommt 90 von 217 Sitzen in der verfassungsgebenden Versammlung. Wie aus dem am Donnerstagabend in Tunis veröffentlichten amtlichen Endergebnis des Wahlgangs vom Sonntag hervorgeht, kam die Ennahdha auf 41,47 Prozent der Stimmen. Sie ist damit auf die Zusammenarbeit mit anderen Parteien angewiesen.
Zweitstärkste Partei wurde die Mitte-Links-Partei «Kongress für die Republik» (CPR) unter Führung des Medizinprofessors Moncef Marzouki mit 30 Sitzen. Auf Platz drei landete die sozialdemokratische Partei Ettakatol. Sie holte 21 Sitze.
Kandidaten ausgeschlossen
Ettakatol führt nach eigenen Angaben bereits Gespräche mit der Ennahdha über die Bildung einer neuen Übergangsregierung.
Endergebnis in Tunesien. /


Ein Ennahdha-Sprecher sagte, man werde Kontakt zu allen anderen politischen Parteien suchen. Ziel sei eine Regierung der nationalen Einheit.
Die Wahl verlief im wesentlichen unstrittig, allerdings schloss die Wahlkommission einen Teil der Kandidaten der so genannten Petition für Gerechtigkeit und Entwicklung (Al-Aridha) aus, die damit nur auf 19 Mandate und den vierten Platz kommt.
Der Chef dieser Formation, der in London lebende Geschäftsmann Hechmi Haamdi, hatte möglicherweise entscheidenden Einfluss auf die Demonstranten in Sidi Bouzid, da er am Donnerstag über seinen Satelliten-Sender verbreitete, er «fürchte» Ausschreitungen.
Gewalttätige Proteste
In Sidi Bouzid beteiligten sich mindestens 2000 junge Menschen an den zum Teil gewalttätigen Protesten. Sie marschierten zum dortigen Sitz der Ennahdha-Partei, schlugen Türen und Fenster ein und warfen Steine auf Angehörige der Sicherheitskräfte.
In der Hauptstrasse von Tunis hingegen wurde die Bekanntgabe des Wahlergebnisses mit Freudenkundgebungen begrüsst. Zahlreiche Einwohner schwenkten Fahnen der Ennahdha und Tunesiens.