Just als sich die Kunde von der 2:1-Führung Portugals im Stadion verbreitete und sich die Dänen nun ernsthaft mit einer mirakulösen Viertelfinal-Qualifikation beschäftigten durften, erzwang Deutschland den Knock-out des Gegners. Lars Bender, der Ersatz des gesperrten Aussenverteidigers Boateng, markierte in der 80. Minute den entscheidenden Treffer.
Geplant hatte Deutschland den verlustpunktlosen Vorstoss in den Viertelfinal. Dass das Unterfangen unter Umständen am letzten Spieltag in der Gruppe B schwierig werden könnte, war zwar nie ganz auszuschliessen, aber sicher nicht zu befürchten. Zu stilsicher hatte Löws Team die erstklassige Konkurrenz zuvor besiegt - und mit den Dänen kalkulierte allenfalls eine verwegene Minderheit. Selbst der 1:0-Coup gegen den WM-Finalisten Holland bewirkte bei den Beobachtern keinen flächendeckenden Meinungsumschwung.
Klarer Favorit
Im Viertelfinal gegen die Griechen sind die Deutschen diskussionslos zu favorisieren. Das Duell in Danzig ist nur auf politischer Ebene brisant, sportlich hingegen stellt «Hellas» für Fussball-Deutschland kein unlösbares Problem dar. Löws Mannschaft fehlte vor dem Turnier auf keiner Liste der EM-Favoriten. Jeder halbwegs gut informierte Experte traut diesem Team den ersten Titelgewinn seit 1996 zu.
Mühe, aber nie in Not
Mit dem vorwiegend destruktiven Herausforderer, der sich nur im Ausnahmefall mit überfallartigen Kontern oder ein paar wenigen Standardsituationen am kreativen Part beteiligte, bekundete der Titelaspirant Mühe. Die Raffinesse zur Überwindung der dänischen Barrikaden fehlte. Im Zentrum produzierten Özil, Khedira oder Schweinsteiger zu wenig Ideen.
Dass der DFB aber eben nicht vollumfänglich von seinen Chef-Strategen abhängt, legte Bender dar. Der nachgerückte Joker erfüllte seinen Job hinten wie vorne makellos. Der erfrischende Mann aus der zweiten deutschen Reihe ebnete den Weg zum dritten Sieg in Serie mit seinem perfekten Vorstoss. Er verkörpert den Spirit der Deutschen perfekt: Jeder ist bereit.
Podolskis frühes Signal
Aus deutscher Optik verlief vor allem der Beginn des Jubiläums von Lukas Podolski traumhaft. Im 100. Länderspiel markierte der 27-Jährige früh das 1:0 (19.). Der «Prinz» aus Köln profitierte von der smarten Vorarbeit Gomez'. Ausgerechnet jener Spieler, der nach zwei soliden, aber nicht herausragenden Darbietungen bereits ins Visier der Kritiker geraten war, ermöglichte der DFB-Auswahl den gewünschten Auftakt.
Mit seinem Engagement und seinem Speed konfrontierte der künftige Arsenal-Professional die dänische Defensive immer wieder mit erheblichen Problemen. Podolski überzeugte auch in mehreren anderen Szenen - aber speziell Müller und Gomez schlugen die Offerten des Jubilars zum Nachteil der Deutschen fahrlässig aus.
Fehlende Effizient vor dem Tor
Der Aussenseiter war aber keinesfalls gewillt, Podolski weitere «Dienstalter-Geschenke» zu überreichen. Dänemark verzögerte die deutsche Druckphase mit der ersten guten Offensivaktion vorübergehend. Nicklas Bendtner lenkte eine Cornerflanke (einstudiert) zu Michael Krohn-Dehli, der ebenfalls per Kopf zum zweiten Turniertor gelangte.
Löws Auswahl enttäuschte in der ersten Hälfte keineswegs. Sie reihte einen Akzent an den nächsten, kontrollierte das Geschehen teilweise nach Belieben, sorgte für Rhythmuswechsel. Nur im Strafraum funktionierte eben nicht mehr alles wie erhofft. In der entscheidenden Zone fehlte die Effizienz.
«Worst-Case-Szenario»
Weitere Treffer wären möglich gewesen und hätten die Lage Deutschlands womöglich frühzeitig entschärft.
Lars Bender erzielte den goldenen Treffer. /


So aber drohte spätestens nach dem 1:1 (24.) weiterhin das «Worst-Case-Szenario» - zumal Holland im fernen Charkiw trotz rascher 1:0-Führung nichts mehr zum DFB-Drehbuch beitragen mochte. Cristiano Ronaldo trug mit seiner Doublette Spannung in die Angelegenheit.
Und wie wenig zu einem möglichen Umsturz im Pool B fehlte, demonstrierte Jakob Poulsen kurz nach der Pause. Der Däne touchierte mit seinem Schuss den Aussenpfosten. Mehr als jenen Sekundenbruchteil der (Viertelfinal-)Hoffnung gestand die statistisch erfolgreichste Equipe der EM-Geschichte den Dänen allerdings nicht zu.
Löw «managt» die Auswahl perfekt
Die EM-Tage in der Ukraine sind auch die Tage von Joachim Löw. Der charismatische Coach der Deutschen umklammert zurzeit fast alle - die meisten Gegner mit seiner smarten Taktik, die eigene Equipe dank nahezu perfektem Management des Tagesgeschäfts. Er setzte partout auf die richtigen Spieler. Als Gomez landesweit infrage gestellt wurde, forcierte ihn der Coach. Das brillante Ergebnis ist bekannt. Im Falle Podolskis wiederholte sich die Geschichte. Löw hielt an «Poldi» fest - die negativen Kommentare über den Mittelfeldspieler perlten an ihm ab.
Dänemark - Deutschland 1:2 (1:1)
Arena Lwiw. - 32'990 Zuschauer. - SR Velasco Carballo (Sp). - Tore: 19. Podolski 0:1. 24. Krohn-Dehli 1:1. 80. Bender 1:2.
Dänemark: Andersen; Jacobsen, Kjaer, Agger, Simon Poulsen; Kvist, Zimling (79. Christian Poulsen), Jakob Poulsen (82. Mikkelsen); Eriksen, Bendtner, Krohn-Dehli.
Deutschland: Neuer; Bender, Hummels, Badstuber, Lahm; Schweinsteiger, Khedira; Müller (84. Kroos), Özil, Podolski (64. Schürrle); Gomez (74. Klose).
Bemerkungen: Deutschland ohne Boateng (gesperrt), Dänemark ohne Rommedahl (verletzt). 51. Schuss von Jakob Poulsen touchiert den Pfosten.