Patrik Etschmayer / Quelle: news.ch / Freitag, 20. Juli 2012 / 11:00 h
Dabei kommen fast nie Mediziner zu Wort, jene, welche eigentlich darüber am besten Bescheid wissen. Aber immerhin wird von der Beschneidungsgegnerseite durchaus richtig erwähnt, dass die Beschneidung von Kindern weder mit hygienischen noch anderen medizinischen Begründungen gerechtfertigt werden kann. Sogar bei einer Vorhautverengung kann heutzutage meist medikamentös Vorgegangen werden.
Zudem ist die Beschneidung ein durchaus riskanter Eingriff, der in nicht wenigen Fällen mit der Verstümmelung des Penis enden kann. Eine amerikanische Firma, die eine spezielle Vorrichtung (Mogen-Klemme) verkauft hatte, mit deren Hilfe die Beschneidung vorgenommen wurde, ging pleite, weil einem Kind ein Teil des Penis abgeschnitten wurde.
Zudem können alle möglichen Dinge schief gehen, denn die Tatsache, dass sich ein Penis während des Aufwachsens des Kindes stark verändert, macht eine Beschneidung eines Kleinkindes auch für einen guten Chirurgen unberechenbar, was allfällige Komplikationen im späteren Leben angeht. Wer sich ein wenig einliest, stösst auf reizende Dinge wie schmerzhafte Erektionen, verdrehte und gekrümmte Penisse, haarige Schäfte... effektiv eine Verkrüppelung, die vielfach auch wenn die Beschneidung «geklappt hat» über ein Jahrzehnt nach dem Akt auftreten können.
Und dann die Schmerzen. Die physiologischen folgen bei der Beschneidung ohne Narkose (wie in religiösen Riten üblich) führen zu tieferen Blutsauerstoffwerten, einer erhöhten Kortisol-Konzentration im Blutserum und einem psychischen Rückzug des Kindes. Auch wenn es noch nicht sprechen kann: dies sind Zeichen von extremem Schmerz. Ein Schmerz, der nicht eingeordnet werden kann und der - weniger intensiv - noch mindestens solange anhält, bis die Wunde verheilt ist.
Ach ja, eine Wunde ...
Gemäss einer Studie kommt es mit der Mogen-Klemme «nur» in 1,6 Prozent der Anwendungen zu Komplikationen. /


Eintrittsportal für Infektionen aller Art, welche sogar lebensgefährlich sein können. Doch das ist ja nur eine Bagatelle, gell? Vor allem im Zeitalter multiresistenter Bakterien, die sich fast nicht mehr mit Antibiotikas bekämpfen lassen.
Psychologische Studien haben übrigens festgestellt, dass es beschnittenen Männern im durchschnitt schlechter geht, sie ein geringeres Selbstwertgefühl hätten und sich «unvollständig», «betrogen», «frustriert», «abnorm», und «missbraucht» fühlten. Diese Gefühle sind vielfach Teil einer posttraumatischen Belastungsstörung, die auch Männer, die als Säugling beschnitten worden sind, verfolgen können.
Was die Schmerzen angeht, kann sogar der Autor mitreden, der vor über zwanzig Jahren (als die Medikamente noch nicht so weit waren) aus medizinischen Gründen eine Beschneidung vornehmen lassen musste. Unter Vollnarkose durch einen Chirurgen. Nur so viel: NICHT LUSTIG. Gar nicht, schmerzhaft, behindernd und auch noch lange danach. Wer an sich so etwas mit 16 oder so machen lassen will, go ahead, selbst schuld. Aber an einem wehrlosen, unschuldigen Säugling, der vor allem Liebe und Nähe braucht?
Das Urteil war richtig - und die Politiker, die jetzt dagegen vorgehen wollen, sollen sich doch vor der Abstimmung auch schnell beschneiden lassen. Und zwar ohne Narkose. So aus Solidarität mit den Säuglingen.