Dieses Urteil haben drei Richter im Rahmen eines Berufungsverfahrens gefällt. Helen Macintyre, Mutter des Kindes und Beraterin in der Kunstbranche, hatte den unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefundenen Rechtsstreit angestrengt und für die Geheimhaltung der Vaterschaft ihres Kindes gekämpft, ohne Erfolg.
Für Medienrechtler Florian Daniel von der Kanzlei multimediarechtler ist dieses Urteil nachvollziehbar. «Das Persönlichkeitsrecht hat sich im Laufe der Jahre gewandelt und das Informationsinteresse der Allgemeinheit wird als sehr hohes Gut angesehen, insbesondere wenn es dabei um Politiker geht, die in der Öffentlichkeit um die Gunst der Wähler buhlen», erklärt Daniel.
Wähler haben Recht auf Information
In der Urteilsbegründung heisst es: «Die Kerninformation dieser Geschichte - nämlich, dass der Vater eine aussereheliche Affäre mit der Mutter hatte und dabei sowohl seine Frau als auch der Partner der Mutter betrogen wurden - ist eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse, auf das die Wählerschaft ein Recht hat, wenn sie ihn für hohe Ämter in Erwägung zieht.»
Für dieses Recht hat sich Associated Newspapers eingesetzt. Er ist der Verlag der Daily Mail und demnach genau jener Zeitung, die über das aussereheliche Kind bereits im Juli 2010 berichtet hatte. Das Mädchen wird in den Gerichtsdokumenten anonym als «AAA» geführt. Macintyre bezeichnete es «absolut verheerend» wenn eine Dreijährige aus der nationalen Presse erfahren müsse, wer ihr Vater sei.
Das Privatleben des illustren Londoner Bürgermeisters Boris Johnson ist um eine Episode reicher. /


Die Mail allerdings argumentierte, dass es im öffentlichen Interesse liege, Johnson als Kindesvater namentlich zu nennen. Hinzu kommt: Bei dem Mädchen handelt es sich bereits um Johnsons zweites Kind, das einer ausserehelichen Affäre entspringt.
Rathaus: «Kein Kommentar»
Mit der Anonymität des Vaters ihrer Tochter hat es Macintyre nicht immer ganz so genau genommen. Im Juni 2010 hat sie es erstmals auf einer Hausparty einem einflussreichen Verleger erzählt. Im darauffolgenden September hat sie dann einem Magazin ein Interview gegeben, flankiert mit einem Fotoshooting gemeinsam mit dem Kind. Auch diesem Umstand haben die Richter bei der Urteilsfindung Aufmerksamkeit geschenkt. «Wenn jemand selbst aktiv die Öffentlichkeit gesucht hat, muss er sich das natürlich vorhalten lassen», so Daniel.
Die Nachrichtenmeldungen über Johnsons Vaterschaft bleiben also online. Die Information ist unter anderem auch in der Biografie «Just Boris» von Sonia Purnell enthalten. Aus dem Büro von Johnson heisst es unterdessen lapidar: «Wir kommentieren keine Angelegenheiten betreffend des Privatlebens des Bürgermeisters.»