Zwei internationale Fachverbände, die «Geochemical Society» und die «European Association of Geochemistry», haben dieses Jahr eine Vortragstour in fünf afrikanische Länder finanziert, um ihre Kontakte zu den erdwissenschaftlichen Institutionen im Süden zu intensivieren
1. Ich hatte die Möglichkeit, im Juni als Gastdozent Äthiopien und Madagaskar zu besuchen. Fragen der Wasserqualität standen im Zentrum vieler Diskussionen.
Sicheres Trinkwasser für Afrika
Weltweit haben ungefähr eine Milliarde Menschen noch immer keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser, und für etwa zwei Milliarden Menschen fehlt eine adäquate sanitäre Entsorgung. Als Folge davon sterben weltweit 1.6 Millionen Menschen pro Jahr an Infektionen durch verschmutztes Trinkwasser. Etwa die Hälfte dieser Todesfälle betrifft afrikanische Kinder südlich der Sahara. Diese Region ist in mehrfacher Hinsicht sehr verletzlich: Oft fehlt die staatliche Infrastruktur, in vielen Gebieten herrschen Wasserknappheit und Bevölkerungsdruck. Klimaschwankungen mit Flutereignissen und Dürren erschweren die Trinkwasserversorgung zusätzlich.
Es gibt verschiedene Lösungsansätze, um diese unhaltbare Situation zu verbessern: An der Eawag hat ein interdisziplinäres Forschungsteam die Methode der solaren Wasserdesinfektion entwickelt
2. Fluss- oder Seewasser wird durch ein Tuch filtriert, in PET-Flaschen abgefüllt und während mehr als sechs Stunden intensiver Sonnenstrahlung ausgesetzt.
Bernhard Wehrli ist Professor für Aquatische Chemie an der ETH Zürich und an der Eawag. /


Die Kombination von UV-Strahlung und erhöhter Temperatur verringert die Anzahl gefährlicher Keime dramatisch. Noch sicherer, aber etwas kostspieliger ist die Membranfiltration, die gegenwärtig in verschiedenen Feldstudien analysiert wird.
Längerfristig ist jedoch vor allem die sanitäre Situation zu verbessern. Die «Bill & Melinda Gates Foundation» hat dazu einen internationalen Wettbewerb mit dem Titel «Die Toilette neu erfinden» ausgeschrieben
3. Gesucht wird sanitäre Technologie, die mit möglichst wenig Wasser und Energie auskommt und die Verschmutzung der Wasservorräte verhindert. Verschiedene Lösungsvorschläge befinden sich in der Evaluationsphase.
Mehr afrikanische Forschung
Das Thema «Sicheres Trinkwasser für alle» stösst an afrikanischen Universitäten auf grosses Interesse. In den engagiert geführten Diskussionen an unseren Vorträgen in Addis Abeba und Antananarivo wurde jedoch auch deutlich, dass es in Afrika nicht nur an Trinkwasserbrunnen und sanitärer Technologie fehlt: Es gibt kaum Forschungsförderung in Afrika. So sind afrikanische Universitäten primär Institutionen der Lehre. Die Professoren haben allenfalls in Zusammenarbeitsprojekten mit dem Norden einige Forschungserfahrung gewonnen. An den meisten Fakultäten fehlt es an Messinstrumenten und Forschungsinfrastruktur, und der Zugang zu Fachliteratur stellt eine weitere Hürde dar.
Hier sind ein paar einfache Empfehlungen, wie wir Forscher unsere Kollegen im Süden in ihrer wichtigen Arbeit unterstützen können:
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Publiziere «open access», dann sind die Forschungsergebnisse auch an afrikanischen Universitäten zugänglich.
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Lade nicht nur die Kollegen aus Stanford an Dein Institut ein, sondern auch jene aus Addis Abeba oder Antananarivo. Die Wirksamkeit Deiner Forschung in der realen Welt wird dadurch gewinnen.
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Setze Dich dafür ein, dass die wissenschaftlichen Gesellschaften des Nordens Deine Kollegen an den Universitäten des Südens gratis als Mitglieder aufnehmen.
Afrika braucht nicht nur Trinkwasserbrunnen und «Bill-Gates-Toiletten» - noch viel dringender braucht der Kontinent eine international vernetzte Forschungsgemeinschaft, die in Afrika Lösungen für Afrika erarbeitet.
1 Outreach program Africa
2 Solare Wasserdesinfektion
3 Reinvent the toilet challenge