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Wer's glaubt!Religionen sind nicht die Krankheit, sondern das Symptom. Sie sind weitgehend unangreifbar und immun gegenüber Kritik. Ganz anders sieht es mit dem Glauben ans Irrationale aus. Aber hier zuerst einmal ein Definitionsversuch.Claude Fankhauser / Quelle: news.ch / Donnerstag, 28. August 2014 / 11:44 h
Was genau ist Religion? Ich mag die Definition von Émile Durkheim, dem faktischen Begründer der Religionswissenschaften, in der die «Religion ein solidarisches System ist, das sich auf Überzeugungen und Praktiken bezieht, die als heilig erachtete Dinge umfassen und in einer moralischen Gemeinschaft, wie beispielsweise der Kirche, alle Mitglieder miteinander verbindet» (zitiert aus Wikipedia). Das Schlüsselwort hier ist «moralische Gemeinschaft». Diese entspricht nicht zwingend der Menge an Mitgliedern einer bestimmten religiösen Organisation, sondern viel eher der Menge an Menschen, denen wir ähnliche moralische Motive unterstellen wie uns selbst.
Vor diesem Hintergrund wird klar, warum die Mormonen ihren Kult als Religion ansehen, während sie beim Rest der Christenheit als Anhänger eines falschen Propheten gelten - und umgekehrt. Ebenso klar wird, warum in der Schweiz die «Achse der Religiösen» keine Abstimmungen gewinnt. Denn obwohl in der Schweiz die Evangelikalen zusammen mit den Katholiken rein statistisch gesehen relativ komfortabel Volksinitiativen gegen die Abtreibung, gegen rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen und gegen jegliche Präimplantationsdiagnostik lancieren und gewinnen müssten, tun sie das nicht. Der Grund dafür liegt wohl darin, dass nur ein Bruchteil der Schweizer Katholiken die zentralen Inhalte ihres Glaubens tatsächlich ernst nehmen. «Gott sei Dank», bin ich an dieser Stelle versucht zu sagen. Religion (nicht zu verwechseln mit religiösen Organisationen) ist also in erster Linie individuell. Religion ist das, was ich mir am Flohmarkt der übernatürlichen Erklärungen zusammensuche, so dass es zu der Welt passt, wie ich sie gerne hätte. Alles andere ist mir im besten Fall «trotz Unterschieden im gemeinsamen Glauben verbunden», im schlechtesten Fall meinem Gott ein Gräuel und zur Ausrottung freigegeben.
Das ist wohl auch der Grund, warum Religion an sich unangreifbar ist. Das wissen alle, die schon mal in eine Diskussion mit einem von missionarischem Eifer befeuerten Gläubigen verwickelt wurden. Bei einem Calvinisten die päpstliche Unfehlbarkeit erwähnen? Sinnlos. Bei einem Katholiken die Prädestination? Nicht zielführend. Beide werden ihre Sicht der Dinge vehement verteidigen, mit Verweis auf dasselbe Dokument, teils sogar mit dem selben Abschnitt aus diesem. Obwohl sich beide im Mutterschiff «Christentum» wähnen, erzählen sie völlig unterschiedliche Geschichten, die ausser den Hauptprotagonisten und den Schauplätzen wenig gemein haben.
Religion ist autoimmun in dem Sinne, als dass sie sich jeder kritischen Diskussion entziehen kann, weil «im wahren [bitte Religion Ihrer Wahl hier einfügen] ist so etwas gar nicht möglich». Gerne wird dabei vergessen, dass «wahr» hier einfach bedeutet, dass es mit den Ansichten des Sprechenden übereinstimmt. Niemand hat je von sich behauptet, dass er momentan Mitglied einer Sekte oder eines Kultes sei. Sektenanhänger sind stattdessen immer die anderen. Und die seltsamen Regeln, die verrückten Kostüme, die Grausamkeiten und die Heucheleien kommen vielleicht in anderen Religionen vor, aber unmöglich in meiner.
Der eigentliche Feind des freien Individuums ist nicht die Religion, die nur als Symptom zu betrachten ist, nein, wogegen wirklich argumentiert werden sollte, das ist der Glaube. Was denn nun genau ist Glaube? Im Englischen liegt der Fall relativ einfach (theoretisch jedenfalls - Sprachkompetenz kommt auch im Englischen nicht von alleine). Hier haben wir das Wort believe, das eine mehr oder weniger berechtigte Erwartung beschreibt. Ich glaube (believe) daran, dass mich meine Partnerin liebt. Ich glaube daran, dass es hell wird, sobald ich den Lichtschalter betätige. Ich glaube daran, dass ich ein ganz ordentlicher Autofahrer bin. Alle diese Erwartungen sind durch konkrete Hinweise aus der Realität gedeckt: Meine Partnerin wäre ganz schön dumm, wenn sie die letzten 20 Jahre mit jemandem zusammen gewesen wäre, den sie nicht liebt (am Geld kann es nicht liegen). Von etwa tausendmal den Lichtschalter betätigen wird es höchstens einmal nicht hell (dann liegt es wohl an der kaputten Glühbirne).
Synagoge, Moschee, Kirche: Wo man möchte, dass es Gott gibt und darum an ihn glaubt. /
Und immerhin fahre ich nun schon seit mehr als 20 Jahren unfallfrei Auto, so furchtbar schlecht kann ich am Steuer also nicht sein. Ganz anders das Wort faith, das eine andere Form von Glauben beschreibt. Im Gegensatz zu believe basiert es nämlich nicht auf Wissen oder Erfahrung (1000 Mal den Lichtschalter drücken führt fast immer zu demselben Ergebnis), sondern auf Annahmen, die sich nicht aus der Realität speisen. Wenn Gläubige behaupten, dass Gott existiere, ist dies nicht eine Position des Wissens. Wissen kann man belegen und kein Gläubiger ist in der Lage, zu belegen, dass sein Gott existiert. Oft wird bemerkt, dass Glaube nichts anderes sei als Vertrauen, aber das ist genauso falsch, denn Gläubige vertrauen nicht darauf, dass Gott existiert, sondern sie glauben es. Auch Hoffnung, noch so ein gängiger Erklärungsversuch, trifft es nicht, denn Gläubige hoffen schliesslich nicht nur, dass ihr Gott existiert, sondern sie glauben es. Glaube, so müssen wir feststellen, kommt in einer Form daher, dass er das Selbstbewusstsein von Wissen entwickelt, im Grunde aber auf Wunschdenken fusst: Ich möchte, dass Gott existiert, deshalb glaube ich an ihn. Hier unterscheidet sich Glaube nur unwesentlich von einer Lüge, die jemand so lange wiederholt, bis er sie - eben - selbst glaubt. Und deshalb möchte ich Glaube so definieren: Zu behaupten, etwas zu wissen, obwohl man es überhaupt nicht wissen kann. Wenn ich sage, ich glaube an ein Leben nach dem Tod, dann schwingen sicher Aspekte wie Hoffnung und Vertrauen mit. Ich kann es aber, da besteht wohl Konsens, nicht wissen, denn schliesslich ist noch nie jemand von den Toten zurückgekommen. Trotzdem kann die Überzeugung so stark sein, dass ich mein reales Leben von dieser Vorstellung bestimmen lasse. Vielleicht finde ich durch diese Überzeugung die Kraft, mein Leben überhaupt bewältigen zu können, zum Beispiel wenn ich in einem von Krieg verwüsteten Land lebe. Die Aussicht auf ein besseres Leben nach dem Tod, mit dem ich ein gottgefälliges Leben abschliesse, verhindert vielleicht, dass ich mich vor den nächsten Zug werfe. Vielleicht aber wird mir auch klar, dass mit der Aussicht auf ein paradiesisches das diesseitige Leben nur eine Übergangszeit darstellt, die ich mit einem Bombengürtel als Golden Ticket drastisch verkürzen kann. Dabei können in beiden Fällen die Gläubigen nicht wissen, ob sie tatsächlich ein Jenseits nach dem Tode erwartet. Was sie nicht davon abhält, so zu tun, als ob sie es wüssten. Jedem Kind wird beigebracht, dass Lügen schlecht ist. Sogar in den zehn Geboten finden wir einen entsprechenden Passus, wenn dieser auch durch massgebliche Kirchenführer (Luther fällt mir ein, oder auch Konstantins Bischof Eusebius von Caearea) relativiert wurde, denn Lügen für Jesus ist selbstredend völlig in Ordnung. Aber trotz solchen Ausreissern herrscht bei uns Konsens darüber, dass Lügen im Prinzip nicht gut ist. Der wesentliche Unterschied zwischen Glauben und Lügen liegt deshalb meiner Meinung nach im Vorsatz. Eine Lüge ist es, wenn ich wissentlich jemandem eine Unwahrheit erzähle. Glauben im Sinne von faith ist, wenn ich eine Unwahrheit vertrete, die zwar nicht die Realität abbildet, von der ich aber überzeugt bin, dass sie wahr ist - und diese Überzeugung so vertrete, als ob ich um ihren Wahrheitsgehalt wüsste. Und genau dies ist der Punkt, an dem eine zeitgenössische freidenkerisch-humanistische Kritik ansetzen müsste. Dabei ist es unerheblich, von welchem Glauben wir sprechen. Sei es ein religiöser Glaube, ein politischer oder einer an die Heilkraft von Zuckerpillen: Davon überzeugt zu sein, das richtige zu tun, während man tatsächlich das falsche tut, ist immer noch falsch. Gut meinen ist bekanntlich meist das Gegenteil von gut machen. Religiöse Organisationen bieten zwar eine Vielzahl von komfortablen Angriffsflächen. Das wird die Gläubigen aber kaum interessieren, da sie sich - wenn überhaupt - meist nur situativ mit diesen identifizieren. Umso wichtiger ist es, sich dem wirklichen Übel entgegenzustellen: dem Glauben als einem untauglichen, oft schädlichen Mittel zur Erklärung der Realität. Ich glaube - im Sinne von believe - damit habe ich die Geduld meiner Leserinnen und Leser fürs erste genug strapaziert. Fortsetzung folgt.
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Fortsetzung
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