«Es hätte schlimmer kommen können», sagte Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps nach der Gruppen-Auslosung im letzten Dezember. Seine Kollegen aus der Schweiz, Rumänien und Albanien hüteten sich zwar davor, von einem guten Los zu reden und damit den Erfolgsdruck zu steigern, doch das Echo in den heimischen Medien deckte sich mit der Aussage von Deschamps. Die Achtelfinals, für die auch der 3. Platz reichen kann, ist für alle erreichbar, auch ohne auf wundersame Szenarien zu hoffen.
Die französische Mannschaft ist der klare Favorit in dieser Gruppe, sie ist am besten besetzt, spielt daheim und kann auch auf das mit Abstand eindrücklichste Palmarès verweisen, unter anderem auf die EM-Titel 1984 und 2000. Mit allen Vorrunden-Gegnern verbindet die «Equipe Tricolore» fast nur positive Erinnerungen. Noch nie hat sie gegen eines dieser Teams ein Pflichtspiel verloren. Im Test unterlag sie aber Albanien vor einem knappen Jahr mit 0:1, und bei Endrunden spielte sie schon gegen Rumänien und die Schweiz unentschieden.
Frankreich mit schlagenden Offensiv-Argumenten
Es ist eine Gruppe, in der man sich kennt. Die letzten Direktduelle liegen nicht allzu lange zurück. Die Schweiz spielte in der Qualifikation zur WM 2014 gegen Albanien und später bei der WM gegen Frankreich. An Rumänien erinnert man sich hierzulande weniger wegen des letzten Tests 2012, sondern wegen des WM-Gruppenspiels von 1994, als die Schweiz in Detroit spektakulär mit 4:1 gewann. Die Schweizer Bilanz lässt sich gegen alle drei Gruppengegner sehen, gegen Albanien ging keines der sechs Spiele verloren, gegen Rumänien gab es in 12 Duellen nur 5 Niederlagen, und gegen Frankreich stehen 16 Niederlagen immerhin 12 Siege gegenüber.
Der 5:2-Erfolg in Salvador de Bahia gegen die Schweiz war eines der letzten Pflichtspiele der Franzosen. Seither bestritt die Mannschaft von Didier Deschamps fast nur noch Freundschaftsspiele, deren Aussagekraft gering ist und im FIFA-Ranking dementsprechend wenig Punkte einbringen.
In der Gruppe A treffen Frankreich, Rumänien, Albanien und die Schweiz aufeinander. /


So ist auch zu erklären, dass der Gastgeber in der Weltrangliste nicht in den Top 20 ist. Diese Klassierung gibt den Wert der Mannschaft nicht korrekt wider. Auch ohne die nicht berücksichtigten Karim Benzema und Franck Ribéry besitzt sie insbesondere in der Offensive schlagende Argumente.
Stars und gute Bekannte
Die offensive Stärke ist der grösste Vorteil, den Frankreich gegenüber seinen Vorrunden-Konkurrenten hat. Klammert man die ungleichen Duelle mit San Marino aus, schoss die Schweiz in der EM-Qualifikation in acht Partien 13 Tore, den Albanern reichten sieben Treffer von sieben verschiedenen Spielern zur erstmaligen Endrunden-Teilnahme, und Rumänien traf auf dem Qualifikations-Weg im Schnitt 1,1 Mal pro Spiel.
Die Rumänen und die Albaner leben von ihrer Verteidigung. Kein anderes Team liess in der EM-Qualifikation so wenig Treffer zu wie Rumänien (2 Gegentore). Bei Albanien steht der kämpferische Aspekt im Vordergrund. Das ist nichts als logisch. Weder Rumänien noch Albanien besitzen Spieler in ihrem Kader, die Partien im Alleingang entscheiden oder den grossen Sturmlauf initiieren können. Teamwork ist die Voraussetzung für den Erfolg, den bereits die EM-Qualifikation darstellt.
Von der individuellen Stärke her müssten Frankreich und die Schweiz die ersten beiden Plätze belegen. Fast alles, was Rang und Namen hat in der Gruppe A, steht entweder im Schweizer oder im französischen Aufgebot: Stephan Lichtsteiner, Ricardo Rodriguez, Granit Xhaka, Xherdan Shaqiri beim Team von Vladimir Petkovic, Paul Pogba, Antoine Griezmann, Blaise Matuidi, Anthony Martial in der Mannschaft von Deschamps.
Diverse Ex-SFV-Junioren in den Reihen Albaniens
Zumindest in der Schweiz ist allerdings auch die Mannschaft von Albanien bestens bekannt mit ihren zahlreichen Super-League-Spielern und verschiedenen Akteuren, die auch schon in einem Juniorenteam des Schweizerischen Fussballverbandes im Einsatz gestanden haben. Der Captain ist Lorik Cana, der einen Teil seiner Kindheit in Lausanne verbracht hat. An seiner Seite spielen unter anderen Arlind Ajeti, Naser Aliji, Amir Abrashi, Burim Kukeli, Ermir Lenjani, Shkelzen Gashi, Armando Sadiku und Taulant Xhaka, der sich am 11. Juni in Lens mit Granit Xhaka das erste Bruderduell der EM-Geschichte liefern dürfte.